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Er zeigt der Welt die Knollennase

Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zeigt mehr als 200 Werke des Kult-Cartoonisten Guillermo Mordillo. Zu sehen sind darunter auch 150 seltene Originale des „sehr optimistischen Pessimisten“, wie er sich selbst nennt

Mordillo Foundation

Endlich weiß man, wie das mit Adam und Eva wirklich war: Eva hat nicht etwa vor dem Baum der Erkenntnis Adam mit scheuem Blick den Apfel gereicht. Vielmehr sind beide so schnell sie konnten hinter dem Stamm verschwunden und haben sich schleunigst ihrer Feigenblätter entledigt. So jedenfalls zeichnet Kult-Cartoonist Mordillo die ersten Stunden der Menschheit. Natürlich haben Adam und Eva schon Knollennasen und sind damit würdige Urahnen aller Figuren, die der Argentinier Guillermo Mordillo seit Jahrzehnten malt, zeichnet und in kleinen Filmen animiert.
In der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen werden gegenwärtig mehr als 200 Werke von Mordillo gezeigt. Das Besondere: Das Team um Museumsleiterin Christine Vogt konnte den jetzt 85-Jährigen gewinnen, 150 Originale, die er sonst als Eigentum unter Verschluss hält, zur Verfügung zu stellen. „Man sieht auf diesen Bildern, wie sorgfältig er mit kräftigen Farben malt und feinen Strichen zeichnet“, sagte Kuratorin Lisa Schmitz.

Ein wiederkehrendes Thema ist „Einsamkeit“

Als einen „sehr optimistischen Pessimisten“ bezeichnet sich Mordillo selbst und gibt der Schau, die bis 7. Januar 2018 dauert, damit den Titel: „A very optimistic Pessimist“. Diese Lebenshaltung ist in vielen Werken präsent, etwa wenn der kleine weiße Mann mit der Knollennase als Guillermo Mordillos Alter Ego immer wieder pfiffige Lösungen für scheinbar ausweglose Situationen findet: Schiffbrüchige spielen auf tosenden Wellen in aller Ruhe Schach. Ein Mann auf der einsamen Insel nutzt die vielen Bücher, die er mitgebracht hat, um sich ein wärmendes Feuerchen zu machen.
Mordillos Witz entfaltet sich oft vor dem Hintergrund einer Melancholie. „Das Thema Einsamkeit beschäftigt ihn immer wieder“, so Kuratorin Lisa Schmitz. Ein Mann mit Knollennase fliegt durch die Weiten des Alls und deutet mit einem Fragezeichen an, dass er da irgendwo zwischen Sternen und Monden den Sinn des Lebens sucht. Ein anderer hat die Frau fürs Leben gefunden, droht aber von einem fliegenden Herz getroffen zu werden. Gefahr und Rettung liegen in vielen Werken unmittelbar nebeneinander. Und das auch immer wieder in der Liebe.
Nicht nur im Paradies, sondern auch in all den Jahrtausenden danach müssen sich Knollennasenfrau und Knollennasenmann mit Widrigkeiten, Anziehung und Überdruss auseinandersetzen. Obwohl es von Mordillo selbst heißt, er sei seit 45 mit derselben Frau verheiratet, ist seine Überzeugung eher unromantisch: „Menschen streben ihr Leben lang danach, eine Partnerin oder einen Partner zu finden – und wenn sie ihn haben, versuchen sie ihn mit allen Mitteln wieder loszuwerden.“
Und wie sie das tun, zeichnet er in Geschichten mit drei oder vier Bildern, fast immer ohne Worte: Da ist die Braut, die ihren Mann nach der Hochzeit – aber noch vor der Hochzeitsnacht – in einem klapprigen Auto entsorgt. Da ist der schmachtende Mann, der der Angebeteten sein ganzes Herz schenkt. Sie aber vermisst es nur stoisch mit dem Maßband und befindet es für zu klein.
Guillermo Mordillo wurde 1932 in Buenos Aires geboren. Schon als Kind beginnt er zu zeichnen, inspiriert von den Figuren von Walt Disney. Er möchte Trickfilmzeichner werden, gestaltet aber zunächst Werbeplakate, die die Ausstellung auch zeigt. Nach Stationen in Peru und New York geht er Anfang der 1960er Jahre nach Paris. Einem Postkartenverleger zeigt er die Figuren, die er bisher in seiner Schublade gehortet hatte: Wesen aller Art mit Knollennasen. Der Verleger gibt ihm sofort ein Forum. Damit nimmt seine Weltkarriere ihren Lauf. Mordillo lebt inzwischen in Monaco und zeichnet, so Lisa Schmitz, noch jeden Tag. Sein Humor gilt als zeitlos und international verständlich.
Mordillo hatte in den 1970er Jahren in Deutschland zunächst die Kinder- und Jugendzimmer erobert. Sein Kinderbuch „Das Piratenschiff“ ist ein Klassiker. Die Helden der Meere besiegen ein grünes Seeungeheuer. Sie werden Opfer ihrer eigenen Gier, denn das Schiff sinkt, weil sie es mit zu viel Gold beladen haben, und stranden auf einer einsamen Insel. Nicht lange, denn aus Kokospalmen bauen sie ein neues Schiff. Der optimistische Pessimist Mordillo sorgt dafür, dass kein Abenteuer so schlimm endet, wie es, pessimistisch betrachtet, enden könnte.

Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags, 11-18 Uhr.  Internet: www.ludwiggalerie.de.