Ab dem 1. Oktober ist die Nutzung der elektronischen Patientenakte für Apotheken, Arztpraxen und andere Gesundheitseinrichtungen verpflichtend. Viele Patienten fremdeln aber noch damit.
Die elektronische Patientenakte (ePA) kommt langsam im Alltag an. Ab Mittwoch sind Ärzte in Praxen und Krankenhäusern sowie die Apotheken bundesweit verpflichtet, medizinische Befunde in die E-Akte einzutragen. Ab 2026 drohen Sanktionen bei Nichtbefüllung.
Ein – über Jahrzehnte mühsam erkämpfter – Meilenstein für die Digitalisierung der Medizin in Deutschland: Rund 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten haben inzwischen eine elektronische Patientenakte. Sie soll dafür sorgen, dass Ärzte, Ärztinnen, Krankenhäuser und Apotheken Untersuchungsbefunde, Laborwerte oder Angaben zu Medikamenten untereinander teilen und so besser über den Zustand ihrer Patienten und Patientinnen informiert sind. Auch Patienten sollen besser über ihre Krankengeschichte Bescheid wissen, etwa durch eine Medikationsliste.
Allerdings hakt es immer noch: Noch verfügen nicht alle Praxen und Krankenhäuser über die notwendige technische Ausstattung. Ziemlich positiv bewertet die Nationale Agentur für Digitale Medizin in Deutschland (Gematik) die Situation. Sie betreibt die zentrale digitale Infrastruktur des Gesundheitswesens und ist für die Patientenakte verantwortlich. “Technisch startklar: Zum 1. Oktober werden mehr als 90 Prozent der (Zahnarzt-)Praxen und Apotheken in Deutschland technisch ausgestattet sein, um mit der ePA arbeiten zu können”, meldete sie am vergangenen Mittwoch. Die große Mehrheit der Hersteller habe die notwendigen Module bereitgestellt und somit die technischen Voraussetzungen für die ePA geschaffen.
Aus Gematik-Sicht zeigen die Nutzungszahlen, dass die Patientenakte im Versorgungsalltag ankommt. Insgesamt hätten bislang mehr als 105.000 von 160.000 Einrichtungen auf Patientenakten zugegriffen. “Nimmt man die E-Rezept-Daten hinzu, befinden sich in den Patientenakten der Versicherten mehr als 700 Millionen Datensätze.”
Skeptischer sehen das die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Bislang seien 80 Prozent der Praxen mit einem Modul ausgerüstet, hieß es bei den Kassen-Ärzten. “Dass etwa ein Fünftel der Praxen noch nicht mit der ePA arbeiten können, sehen wir sehr kritisch.”
Von einer schleppenden Einführung in den Krankenhäusern berichtete Anfang September die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Zwei Drittel der Krankenhäuser hätten mit der Inbetriebnahme begonnen, aber nur etwa 20 Prozent diesen Prozess bislang vollständig abgeschlossen, hieß es unter Berufung auf eine eigene Umfrage.
Knapp unter 60 Prozent der Einrichtungen gehen derzeit davon aus, dass die Patientenakte erst im ersten Quartal (31 Prozent) oder ab dem zweiten Quartal (27 Prozent) 2026 krankenhausweit eingesetzt werden kann. Wie aus der Umfrage weiter hervorgeht, verfügt nur knapp über die Hälfte der Kliniken (56 Prozent) derzeit über das notwendige technische Update ihres Krankenhausinformationssystems (KIS).
“Die Ergebnisse zeigen, dass die Krankenhäuser die Vorteile der ePA klar sehen”, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Es sei allerdings etwas anderes, ob man diese Technik in einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus einführe.
Auch viele Versicherte fremdeln noch mit der Patientenakte. Nicht einmal jeder Zehnte habe bisher eine App mit ePA genutzt, lautete das Ergebnis einer Mitte September veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von “Süddeutsche Zeitung Dossier”. Nur acht Prozent der gesetzlich Versicherten gaben demnach an, eine entsprechende App aktiv zu verwenden, um etwa Dokumente hochzuladen oder Arztbriefe abzurufen. Weitere 14 Prozent hätten eine App zwar heruntergeladen, bisher aber nicht verwendet.
Seit Mitte Februar 2025 haben alle gesetzlich Versicherten automatisch eine ePA erhalten, sofern sie nicht ausdrücklich widersprochen haben. Um auf die Patientenakte zugreifen zu können, wird eine App benötigt. Der Erhebung zufolge haben 49 Prozent der Versicherten noch keine solche App installiert. Elf Prozent hätten der Anlage ihrer ePA aktiv widersprochen, acht Prozent hätten nicht gewusst, dass sie überhaupt eine solche haben.