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Eine spektakuläre Schau zur “Titanic” im Rosenheimer Lokschuppen

Willkommen an Bord der “Titanic”: Im Rosenheimer Lokschuppen gibt es jetzt die Möglichkeit, einzutauchen in das Lebensgefühl einer Zeit, die an den technischen Fortschritt glaubte. Doch dies endete in einer Katastrophe.

Die Geschichte ist bekannt: Die “Titanic”, das damals größte Schiff des Globus, kollidiert auf ihrer Jungfernfahrt am 14. April 1912 mit einem Eisberg im Nordatlantik und sinkt wenig später. 1.514 Menschen ertrinken oder erfrieren im eiskalten Meer. 686 der 2.200 Passagiere überleben eine der größten Katastrophen der Seefahrtsgeschichte.

Spätestens seit Hollywood 1997 Kate Winslet und Leonardo DiCaprio an Bord der “Titanic” schickte, glaubt man, alles über die erschütternde Tragödie zu wissen. Doch bis heute bietet sie immer wieder Stoff für Erzählungen, Bücher und Filme – oder eben Ausstellungen wie jene aktuell in Rosenheim. Im dortigen Lokschuppen werden die Besucherinnen und Besucher bis 6. Januar 2026 auf eine spannende Zeitreise mitgenommen.

Das Neue: Sie zeigt den legendären Luxusdampfer als Symbol der damaligen Zeit – für Klassenunterschiede, den Fortschritt von Technik und Verkehr, für die rasante Beschleunigung des täglichen Lebens, für den Zeitgeist der frühen 1910er-Jahre mit innovativer Kunst und Mode. Höchst anschaulich wird die Epoche dieses Ozeanriesen erfahrbar, wie auch das gesamte Schiff bis ins letzte Detail oder das menschliche Drama von Passagieren und Besatzung.

Ein Großteil der über 300 präsentierten Exponate stammt original von der “Titanic”, ihrem Schwesterschiff “Olympic” oder aus deren Ära. Höhepunkte sind unter anderem einer der Originalbaupläne der “Titanic”, ein Rettungsgürtel von einem der Geretteten, das Klavier der “Olympic” und die Taschenuhr eines verstorbenen Passagiers, die genau zum Zeitpunkt des Untergangs stehenblieb. Auch ein Stück der Schiffsbalustrade sowie Briefe und Telegramme sind zu sehen.

Staunen machen höchst eindrucksvolle Riesenfotos vom Bau des Schiffes in Belfast, der Kabinen und Aufenthaltsräume aller drei Klassen, der Quartiere der Heizer, der Brücke und des Maschinenraums. Präsentiert werden zudem Schautafeln von der an Bord befindlichen Fracht und eine Passagierliste. An Medienstationen können sich die Besucher informieren, wie etwa die Rettungsboote befüllt wurden. Drei Tische mit verschiedenem Speisegeschirr führen einem wiederum die Klassenunterschiede mehr als deutlich vor Augen. Wie kalt und lebensgefährlich das Meerwasser wirklich war, lässt sich mit einem Griff in ein -1,8 Grad kaltes Wasserbecken hautnah erleben.

Die einzigen originalen Fotos von der “Titanic” bei ihrer Jungfernfahrt und den Passagieren stammen übrigens von einem Londoner Jesuiten. Der 32-jährige Father Browne war ein begeisterter Fotograf und fuhr von Southampton bis nach Queenstown in Irland auf dem Dampfer mit. Er wäre gerne nach New York weitergereist, aber sein Vorgesetzter beorderte ihn von Bord. So blieb der junge Mann am Leben – und seine Fotos als Zeugnisse der Nachwelt erhalten.

Besonders nahe gehen einem die Schicksale der Passagiere, von denen einige in einem langen Gang wie auf einer Deckspassage präsentiert werden – vom Millionär über die Auswanderer-Familie bis zum Heizer. Unter ihnen war auch der 1871 geborene Benediktinerpater Joseph Peruschitz aus dem oberbayerischen Kloster Scheyern. Dort unterrichtete er an der Schule Mathematik, Musik und Turnen. Ohne seine Familie zu informieren, entschloss er sich, eines Tages beim Aufbau des Benediktinerordens in den USA mitzuhelfen.

Doch sein Ziel, die Saint John’s Preparatory School in Collegeville/Minnesota, sollte der Pater nicht erreichen. Als das Schiff zu sinken begann, betete Peruschitz mit dem englischen Pastor Thomas Bykes und den Passagieren. Der Ordensmann nahm den Menschen die Beichte ab. Angebotene Plätze in einem Rettungsboot lehnen beide Priester ab.

Endgültig zum Mythos wurde die “Titanic” mit dem Forscher Robert Ballard. Er entdeckte 1985 das Wrack des Luxusliners in der Tiefsee, nachdem es 73 Jahre im Nordatlantik verborgen gelegen hatte. Das Meisterwerk der Ingenieurkunst galt als unsinkbar und stand damit für den unerschütterlichen Glauben an den Fortschritt. Es wurde aber letztlich zu einem Sinnbild für die Zerbrechlichkeit menschlicher Pläne.

Hybris war es auch, die wesentlich zum Untergang des Schiffs beitrug: Der Kapitän ließ die “Titanic” nachts bei voller Reisegeschwindigkeit durch ein Eisfeld fahren. Mit aktuellen Beispielen dieses sich selbst überschätzenden Menschheitswahns – Stichwort Künstliche Intelligenz – endet der Blick zurück.