Von Gerdi Nützel
In unserem Predigttext überwiegt die Sprache der Ökonomie. Sogar das Amt der Evangeliumsverkündigung wird mit dem griechischen Begriff „oikonomia“ bezeichnet. Die erste Frage, die Paulus beschäftigt, ist die Frage nach seinem Lohn für die Predigt des Evangeliums. Seine Antwort lautet scheinbar paradox, dass sein Lohn ist, dass er ohne Entgelt das Evangelium predigt und von seinem Recht am Evangelium keinen Gebrauch macht. Er begründet es damit, dass ein Lohn für die Predigt so verstanden werden könnte, dass er aus Eigeninteresse predigt oder aus Interesse an Ruhm statt aus Interesse an der Heilsökonomie Gottes für diese Welt. Dass er diesen Lohnverzicht aus Freiheit gegenüber jedermann eingeht, um so jedem Mann und jeder Frau gegenüber zu Diensten sein zu können, ist für ihn eine langfristig besseren Gewinn versprechende Investition als ein kurzfristig befriedigender Gewinn auf seinem privaten Lohnkonto.Wie er neue Menschen für so eine Gewinngemeinschaft interessiert und was dies für seine Begegnungen auf Augenhöhe mit Juden, Menschen unter und ohne das Gesetz Gottes sowie in den gesellschaftlichen Kategorien seiner Zeit „Schwache“ bedeutet, macht Paulus in der nächsten Textpassage emphatisch klar. Fünfmal endet jedes dieser Beispiele für eine bestimmte Menschengruppe mit dem gleichen Verb „gewinnen“, das im Griechischen vor allem einen ökonomischen Gewinn bezeichnet.(…)
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Predigttext am 2. Sonntag nach Trinitatis: 1. Korinther 9,16–2316 Denn dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte! 17 Täte ich’s aus eigenem Willen, so erhielte ich Lohn. Tue ich’s aber nicht aus eigenem Willen, so ist mir doch das Amt anvertraut. 18 Was ist denn nun mein Lohn? Dass ich das Evangelium predige ohne Entgelt und von meinem Recht am Evangelium nicht Gebrauch mache. 19 Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich möglichst viele gewinne. 20 Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden – obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin –, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne. 21 Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden – obwohl ich doch nicht ohne Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi –, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne. 22 Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette. 23 Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an ihm teilzuhaben.