Westlich der spanischen Hauptstadt Madrid wird ein gigantisches Jesus-Projekt entworfen. Dahinter steht eine fromme Vereinigung, die um Spendengelder wirbt. Doch manche Beobachter sind skeptisch.
Ein Christus mit entblößtem Oberkörper und ausgebreiteten Armen in Heldenpose, 37 Meter hoch und von Hand zu Hand 60 Meter breit – so soll die Riesenstatue im zentralspanischen Boadilla del Monte aussehen und die berühmte Skulptur des Christus Erlöser (Cristo Redentor) über Rio de Janeiro um sieben Meter übertreffen. Im Gegensatz zu Schlagzeilen vom “größten Christus der Welt”, die derzeit durch die spanische Presse gehen, ist allerdings der 2024 fertiggestellte Beschützer in der indonesischen Provinz Nord-Sumatra mit angegebenen 61 Metern weit höher und der ganze Stolz der katholischen Bischofskonferenz in dem islamischen Land.
Das ambitionierte Projekt in Spanien treibt eine lokale Initiative voran, die den Namen “Vereinigung der Gläubigen des heiligen Herzens Jesu von Boadilla” trägt. Auf der Website ruft man zum Crowdfunding für das Vorhaben auf, verbunden mit dem Versprechen, bereits mit einem Betrag von fünf Euro den persönlichen Namen in der gewaltigen Oberfläche eingraviert zu bekommen. Spenden sind die einzigen Finanzierungsquellen. Gelder von der Kirche oder der öffentlichen Hand stehen nicht zu Verfügung, aber der Stadtrat von Boadilla del Monte sagte bereits 2019 zu, das Gelände zur Verfügung zu stellen.
Es handelt es sich also nicht um eine spontane Idee, sondern um eine lange Vorlaufphase. Der rechtskonservative Stadtrat Pascual Egea betonte seinerzeit, es solle ein Monument “vom Volk für das Volk” sein. Ohne das Christentum seien “unsere Geschichte, unsere Bräuche, unser Konzept der Familie, unsere Monumente sehr schwer zu verstehen”, ergänzte er.
Einem Bericht der spanischen Zeitung “El País” zufolge sind bislang 95.000 Euro an Spenden eingegangen, darunter größere Zuwendungen aus Polen und Mexiko. Die Gesamtkosten sind auf 18 Millionen Euro veranschlagt.
Laut Auskunft der Vereinigung haben die Spanische Bischofskonferenz und der zuständige Bischof von Getafe, Ginés García Beltrán, ihren Segen für das Projekt gegeben. García Beltrán wird von der Vereinigung wie folgt wohlwollend zitiert: “Ich bin davon überzeugt, dass sie die Verehrung des heiligen Herzens Jesu antreibt. Deshalb ermutige ich sie, für das Wohl der Kirche weiter zu arbeiten und für so viele unserer Brüder und Schwestern, die die Liebe Gottes nicht kennen und Gelegenheit haben, sie zu erfahren.”
Das Christus-Monument soll nach dem Willen der Planer “weder ein Luxus noch ein ornamentaler Schnörkel”, sondern ein “Symbol der Hoffnung und Einheit” sein. Das Werk soll aus Stahlbeton errichtet werden, ergänzt durch Kohlenstofffasern. Im Innern soll es begehbar sein. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem heiligen Herzen Jesu. Dieses soll mehrere Meter einnehmen, über ein ausgeklügeltes System aus Rollen beweglich sein und von seiner anatomisch normalen Position hinabsinken können – was Besuchern vormittags ermöglicht, nah heran zu kommen. Später am Tag soll es wieder an die gewohnte Stelle aufsteigen. Eine Showtime des Herzens, wenn man so will.
In Zukunft könnte ein relevantes Pilger- und Tourismusziel entstehen – so wie es etwa auch die Absicht im brasilianischen Encantado war, wo 2022 eine ähnlich hohe Statue eingeweiht wurde. Hier in Zentralspanien könnte es in die Provinz locken und einen bislang weißen Fleck auf der Landkarte in einen Fixpunkt für Reisende verwandeln.
Doch dahinter stehen auch Fragezeichen. In Boadilla del Monte können sich nur Teile der Bevölkerung mit solch einem Werk identifizieren. Berichte in Fernsehnachrichten zeigen Bewohner, die dem Ganzen mit größter Skepsis begegnen. Die Polemik scheint vorgezeichnet zu sein. Und für all jene, die sich zu Spenden animieren lassen, gibt es keine Geld-zurück-Garantie. Komme ein Werk in diesen Dimensionen und in diesem Kostenrahmen nicht zustande, werde ein bescheideneres entstehen, zitiert die Zeitung “El País” die Vereinigung. Eine Fertigstellung des Projekts wird für 2030 angepeilt.