Die Magnolie blüht. Jedes Jahr zaubert sie uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Evangelischen Pressehaus ein Lächeln ins Gesicht, wenn wir an ihr vorbeigehen. Ein Blütentraum in Rosa und Weiß. Sie ist wie eine Befreiung. Nach Monaten voll Dunkelheit und Kälte verkündet der Baum in all seiner Pracht: Der Frühling ist da! Diese besondere Wirkung hat die Magnolie auch deshalb, weil sie ihren Zauber nur ganz kurz verströmt – so plötzlich, wie ihre Pracht aufbricht, verschwindet sie auch wieder. Nach wenigen Tagen bereits welkt und verfällt die Pracht. Ein Leben im Zeitraffer.
Als kostbar gilt, was sich rar macht. Gold und Silber, seltene Erden, Gewürze oder auch Kunstwerke. Oder eben die Blütenpracht eines Baumes für ein paar Dutzend Stunden Anfang April.
Und das, was man immer hat? Tag für Tag? Monat für Monat? Jahr für Jahr? Trinken. Essen. Ein Dach über dem Kopf. Sicherheit. Die Stabilität einer Partnerschaft, Ehe. Freundschaft. Familie.
Schnell verliert das seinen Reiz. Was anfangs noch wertvoll erschien, kostbar, attraktiv, was die Schmetterlinge im Bauch flattern ließ – das verkommt im Laufe der Jahre zur puren Selbstverständlichkeit. Oder schlimmer: zur nervtötenden Eintönigkeit und Langeweile.
Aber nichts ist selbstverständlich. Es ist große Gnade, dass wir unser Brot täglich erhalten und in den vergangenen 70 Jahren kein Krieg das Land verwüstet hat. Dass wir Freunde und Familie haben.
Das neu zu verstehen könnte ein Impuls sein, den der Anblick der Magnolie auslöst: Das Leben ist wunderschön. Lasst uns dankbar sein und es genießen, wenn es länger als nur ein paar Tage seine Pracht entfaltet.