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Ein Schwabe in Hollywood: Regisseur Roland Emmerich wird 70

140 Millionen US-Dollar sind kein Pappenstiel, selbst für eine High-End-Streaming-Serie nicht. So viel hat das zehnteilige TV-Epos „Those About To Die“ gekostet, das Roland Emmerich zusammen mit Marco Kreuzpaintner inszeniert hat. Die Serie, die gerade bei ProSieben läuft, führt ins Rom des Kaisers Vespasian, 79 nach Christus. Und der deutsche Regisseur wurde wieder einmal seinem Ruf gerecht, große Budgets zu beherrschen: mit spektakulären Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen, mit aufsehenerregenden Special Effects, jede Menge Sex und vielen Anklängen an alte und neue Sandalenfilme.

Spektakuläre Effekte und Bilder sind die Spezialität des gebürtigen Schwaben, der am 10. November 70 Jahre alt wird und seit langem in Hollywood arbeitet. Emmerichs größter Erfolg war „Independence Day“ (1996), in dem feindlich gesonnene Aliens die Erde angreifen. Der US-Präsident kann sich gerade so retten, fliegt aber den entscheidenden Angriff gegen die Aliens. Natürlich am 4. Juli, dem Nationalfeiertag in den USA. Die Handlung ist hanebüchen, aber die Explosionen zünden auf der Leinwand formidabel. Und der Film zelebriert den Glauben an die Tatkraft des Einzelnen und den Zusammenhalt der Gruppe – ein Rückgriff auf uramerikanische Mythen.

Viel seriöser ging es in dem Endzeitthriller „The Day After Tomorrow“ (2004) zu – wahrscheinlich bis heute Emmerichs bester Film. Vor mehr als 20 Jahren machte er auf die Klimakatastrophe aufmerksam: Ein Klimaforscher, gespielt von einem großartigen Dennis Quaid, sucht in der plötzlich hereingebrochenen Eiszeit seinen in New York festsitzenden Sohn. Bei diesem Film stimmt die Figurenzeichnung wie auch die emotionale Tiefe, sonst eher Schwachpunkte in Emmerichs Filmen. Und in Sachen Klimawandel kann man sich keinen prophetischeren Film vorstellen. Roland Emmerich hat damals schon an klimaneutrales Drehen gedacht und Zertifikate für neu zu pflanzende Bäume gekauft.

Auch wenn ihm der Titel „Master of Disaster“ heute nicht mehr gefällt, so hat Emmerich doch das Genre des Katastrophenfilms geprägt wie kein zweiter. Szenarien wie in „Godzilla“, wo eine Riesenechse in New York wütet, lassen sich nur mithilfe einer avancierten Tricktechnik realisieren. Die weiß er gewinnbringend einzusetzen – und vor allem auch kostengünstig zu nutzen.

„Du musst lernen, die Studios auszutricksen. Sie wollen, dass du immer wieder den gleichen Film drehst“, hat er einmal in einem Interview gesagt. Seit den 2000ern versuchte er, von seinem Image als Katastrophenfilmer wegzukommen. „Anonymus“ (2011) war ein Intrigendrama, situiert im Elisabethanischen Zeitalter, in dem es unter anderem auch um die Urheberschaft der Werke von William Shakespeare ging. Emmerich ließ dafür in den Studios von Potsdam-Babelsberg das Globe-Theatre nachbauen.

In „Stonewall“ (2015) beschäftigte er sich mit den Aufständen in der New Yorker Christopher Street 1969, wo Homosexuelle wiederholt willkürlichen Übergriffen der Polizei ausgesetzt waren. Emmerich selbst hatte sich Ende der 1990er Jahre als homosexuell geoutet, seit 2017 ist er mit dem mexikanischen Musiker Omar de Soto verheiratet.

Sein Abitur machte der 1955 in Stuttgart geborene Emmerich in Sindelfingen, in den späten 70er Jahren begann er ein Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen in München. Und schon in seinem Abschlussfilm, dem 1983 gedrehten „Das Arche Noah Prinzip“, beeindruckten die visuellen Effekte, die noch analog in den Bavaria Studios realisiert wurden. Es geht um zwei Astronauten auf einer Wetter-Raumstation, die sich gegen die Umfunktionierung für militärische Zwecke zur Wehr setzen. Dieses Debüt zeigt auch Emmerichs Faible für Science Fiction – das im deutschen Autorenfilm jener Jahre so etwas wie ein Genretabu bedeutete.

Durch den Film „Moon 44“ wurde 1990 dann Hollywood auf den Schwaben aufmerksam. Emmerich hatte den Film zwar in Deutschland gedreht, aber in Englisch und mit internationaler Besetzung. In Hollywood konnte er nach einer schwierigen Anfangsphase mit „Universal Soldier“ (1992) seinen Durchbruch feiern, mit den Actionstars Jean-Claude Van Damme und Dolph Lundgren als übermenschliche Kampfmaschinen. Auch sein „Stargate“ (1994) war ein bescheidener Erfolg: Ein Wissenschaftler findet ein Sternentor, mit dem man auf einen anderen Planeten transportiert werden kann. Zurzeit arbeitet Emmerich an dem Projekt „Space Nation“: Dazu gehören neben dem Videospiel, in dem sich die Menschheit nach der Zerstörung der Erde eine neue Heimat im Weltall suchen muss, auch eine Serie und Filme. (2779/03.11.2025)