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Ein guter Tropfen für gute Taten

„Irgendwo da hinten müssen sie sein“, sagt Ralf Schwenken, Präses der Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer. „Sie“ – das sind der Önologe Tom Andrä und sein Winzergeselle Martin Juch. Sie arbeiten inmitten eines ausgedehnten Areals von Weinstöcken. Insgesamt 37.000 Reben stehen hier auf einer Fläche von 7,6 Hektar. Die diesjährige Lese steht unmittelbar bevor.

Die beiden Winzer sind beruflich schon seit Jahren im nördlichsten aller deutschen Weinanbaugebiete beheimatet. Andrä war zuletzt Kellermeister in einem der großen Weingüter im Saale-Unstrut-Gebiet, zu dem auch Erfurt gehört. „Einen solchen Betrieb in Erfurt schrittweise aufzubauen – und dann auch noch Bio“, das hat mich gereizt, sagt der 34-Jährige. Neben Riesling, Chardonnay und Spätburgunder wachsen hier seit 2020 auch Viognier und Goldmuskateller.

Der Präses der Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer sagt: „Über den Ursprung des Namens Pfaffenlehne kann man nur spekulieren, eventuell diente die Anhöhe bereits in vorherigen Jahrhunderten der Herstellung von Messwein für die Kirche“. Im Mittelalter sei Erfurt mit bis zu 2.000 Hektar Anbaufläche eine echte Weinbaustadt gewesen. Dass die Einzellage Pfaffenlehne früher schon Bestandteil der großen Erfurter Weinflächen des Mittelalters war, lässt sich aus umliegenden Straßen- und Flurnamen ableiten. Und selbst der kircheneigene Weinberg habe eine besondere Geschichte, auf die sich die Stiftung bei der Gründung des neuen Weinguts gerne beziehe.

„Der wohlhabende Erfurter Ratsherr Dietrich von Topfstedt übereignete 1363 dem Zisterzienserinnenkloster einen Weingarten und sein ganzes Gut im unweit gelegenen Schmira“, erzählt Schwenken. Die Topfstedt’sche Schenkung sei die älteste nachweisliche Stiftung in der heutigen Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer. Daher biete es sich an, zu den Wurzeln zurückzukehren und hier wieder Wein aufzureben. Und natürlich, räumt der Präses ein, sei das mit dem Wein auch „irgendwie eine persönliche Leidenschaft“. Man hätte hier schließlich auch Getreide anbauen können.

Denn am Anfang stand nicht die Wiederbelebung des Erfurter Weinbaus im Mittelpunkt. „Uns ging es vielmehr darum, als landwirtschaftlicher Betrieb anerkannt zu werden“, sagt Schwenken. Grund sei das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht, welches dafür sorgt, dass landwirtschaftliche Flächen nur an landwirtschaftliche Betriebe veräußert werden. Ohne selbst aktiv Landwirtschaft zu betreiben, sei man so beim Kauf neuer Flächen im Nachteil gewesen. „Also hatten wir acht Hektar an Rebbaufläche beantragt, in der Hoffnung den für die landwirtschaftliche Eignung notwendigen halben Hektar bewilligt zu bekommen“, sagt der Präses: „Zu unserer Überraschung wurden uns auf Anhieb 5,1 Hektar bewilligt. So kam es nicht mehr darauf an, eine weitere Fläche wurde beantragt und genehmigt, aus ursprünglich einem halben wurden 7,6 Hektar.“

Die Kammer nahm die Herausforderung an. Schnell reiften die Pläne, größer zu denken. Technik wurde beschafft. Personal eingestellt und der Weinkeller bei einem befreundeten Winzer in Weimar langfristig angemietet. Die künftige Flaschengärung für die Schaumweinherstellung soll zusätzlich in den kommenden Jahren in einem Gewölbekeller des Erfurter Mariendoms stattfinden. Der Neubau der Maschinenhalle am Weinberg befindet sich in Planung, ebenso der Bau eines Weinkellers.

Der Weinbau in Erfurt soll bald rentabel werden. Denn die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer verwaltet Gaben von Männern und Frauen, die über Jahrhunderte hindurch kirchliche Stiftungen initiiert haben. In jedem dieser Fälle wurden soziale oder karitative Zwecke von den Stiftern verfolgt. Getreu ihrem Motto „Dem Willen der Stifter folgend, der Zukunft verpflichtet“ soll auch der gute Tropfen künftig Stiftungsmittel in spürbarer Höhe für die gute Sache erwirtschaften.