UK 41/2015, Pop-Akademie (Seite 7: „Kirchliche Kultur-Reformation“) und UK 46/2015, Luther-Musical (Seite 9: „Das neue Flaggschiff der Reformation“)
Die Aussage „kirchliche Kultur-Reformation“ in den Zusammenhang mit der Gründung einer Pop-Akademie in der EKvW zu bringen, scheint mir nur teilweise passend.
Pop-Musik in der Kirche ist, anders als der Artikel in UK 41 suggeriert, längst Alltag. Kirchliche Institute bieten seit Jahren den Studiengang Popularmusik an, selbst die Kirchenmusikhochschule in Herford bietet entsprechende Module. Viele der westfälischen Kirchenmusikerkolleginnen und -kollegen haben sich an der Bundesakademie für musikalische Bildung in Trossingen in einem berufsbegleitenden Lehrgang „Popularmusik im kirchlichen Bereich“ Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die sie in ihrem beruflichen Alltag anwenden. Dass die Stiftung Creative Kirche in Witten in der Fort- und Weiterbildung meiner Berufsgruppe bisher führend gewesen sein soll, ist mir neu.
Leider gibt es für die groß angekündigte Pop-Akademie noch keine Kriterien für eine Aufnahmeprüfung, geschweige denn ein Curriculum für den Bachelor-Studiengang. Die Aussage, dass alles gelehrt wird, was der Gemeinde nützt und die Menschen für den Glauben begeistert, ist wenig konkret und wirft eine Menge Fragen auf. In dem Zusammenhang wäre es für mich von großem Interesse, zu erfahren, welches Gremium oder welche Personen diese Qualitätskriterien aufstellen werden.
Die polarisierende Werbung, die jetzt veröffentlicht wird, despektierliche Äußerungen über die bestehende Kirchenmusik, eine katastrophale Informationspolitik und ein Ausschließlichkeitsanspruch, der hier zum Ausdruck kommt, machen deutlich: Ein gedeihliches Miteinander mit der bestehenden Kirchenmusik wird nicht angestrebt. Deshalb auch die räumliche Trennung: Die Pop-Akademie kommt ins Ruhrgebiet und die althergebrachte Kirchenmusik bleibt in Herford.
Das ist traurig und schade! Auch auf dem Hintergrund, dass die Landeskirche sehr viel Geld in die Hand nimmt, um das Projekt Pop-Akademie zu verwirklichen.
Die stilistische Bandbreite der westfälischen Kirchenmusik ist groß und vielfältig, und das im neben- wie im hauptberuflichen Bereich. Das sollte weiter – in aller Vielfalt – gefördert werden.
Die augenblickliche Favorisierung einer bestimmten Richtung der Popularmusik und die angestrebte Fokussierung in der Berufsausbildung einer Kirchenmusikerin ist doch eher eine Verarmung denn eine Horizonterweiterung, geschweige denn eine „Kultur-Reformation“.
Lasst uns, bei aller Freude über die große Akzeptanz eines Pop-Oratoriums, nicht zu sehr „auf die Quote schauen“ und weiter im Kleinen wie im Großen auf die Nachhaltigkeit unserer Arbeit achten, nach dem Motto „Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen“ (Friedrich Schiller).
Jutta Timpe, Kantorin und synodale Beauftragte für Popularmusik im Kirchenkreis Dortmund, Lünen