Mai 1883: Die Geschichte der Kolonie Deutsch-Südwestafrika beginnt mit einer Finte. Der Kaufmannsgehilfe Heinrich Vogelsang erwirbt im Auftrag des Bremer Tabakhändlers Adolf Lüderitz die Bucht von Angra Pequena (später Lüderitzbucht) „bis zu einer Ausdehnung von 20 geografischen Meilen landeinwärts“.
Vogelsangs Verhandlungspartner, Nama-Häuptling Joseph Fredericks, geht von einer englischen Meile aus, umgerechnet 1,6 Kilometer; Vogelsang legt dagegen stillschweigend das deutsche Maß fest: 7,4 Kilometer.
April 1884: Nach ersten Konflikten zwischen den deutschen Neuankömmlingen, ihren in der Region ebenfalls aktiven britischen Kontrahenten und den Einheimischen telegraphiert Reichskanzler Otto von Bismarck dem deutschen Konsul in Kapstadt, „Lüderitzland“ stehe unter deutschem Schutz.
August 1884: In der Lüderitzbucht wird die deutsche Flagge offiziell gehisst. Dieser Akt gilt als eigentliche „Geburt“ der Kolonie Deutsch-Südwestafrika.
Mai 1885: Erster Reichskommissar wird Ernst Heinrich Göring, Vater des späteren NS-„Reichsmarschalls“ Hermann Göring.
Juli 1890: Als Folge des Helgoland-Sansibar-Vertrags wird Deutsch-Südwestafrika um den Caprivi-Zipfel erweitert, benannt nach Bismarcks Nachfolger als Reichskanzler, Leo von Caprivi.
Oktober 1890: Baubeginn der Festung Windhuk, in deren Schatten die heutige Hauptstadt Namibias, Windhuk, entsteht.
1897: Eine Rinderpest bedroht die Lebensgrundlage der viehzüchtenden Herero. Hinzu kommen eine Malaria-Epidemie, Heuschreckenplagen sowie eine Dürre. Spannungen mit den deutschen Kolonialherren sind die Folge, die durch Übergriffe, Ausbeutung und Landnutzungs-Konflikte zusätzlich angeheizt werden.
Januar 1904: Der Aufstand der Herero beginnt. Am 2. Oktober gibt der deutsche Truppenchef Lothar von Trotha seinen „Vernichtungsbefehl“ aus. Darin kündigt er an, dass die Herero das Gebiet der Kolonie zu verlassen hätten. „Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen. Ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volk zurück oder lasse auf sie schießen.“ Auf die Erhebung der Herero folgt die der Nama. Bis 1908 sterben Zehntausende Menschen.
Die aktuelle Debatte über einen Völkermord in Namibia bezieht sich auf diese Kämpfe.
April 1908: Der erste Diamantenfund in Namibia beim Bau der Eisenbahnlinie „Lüderitz-Seeheim“ symbolisiert den wirtschaftlichen Aufschwung der Kolonie im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Um den Fundort herum entsteht die Siedlung Kolmanskuppe inklusive Kegelbahn, Kraftwerk und Krankenhaus mit dem ersten Röntgenapparat des südlichen Afrika. Heute ist der Ort eine Geisterstadt und Touristenattraktion.
Juli 1914: Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Zu diesem Zeitpunkt leben 14 000 europäische Siedler in Deutsch-Südwestafrika, davon 12 000 Deutsche.
9. Juli 1915: Die deutsche Schutztruppe ergibt sich den Engländern. Das formelle Ende der Kolonie markiert der 1919 abgeschlossene Vertrag von Versailles.KNA
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