• Sie gehörten den Regierungen von Bundeskanzler Helmut Schmidt an. Damals gab es eine Bedrohung durch die RAF. Heute setzt sich die Gesellschaft mit Terror von rechts auseinander – gibt es Parallelen?
Gleichstellen kann man die Entwicklung nicht. Hass und Verachtung der Rechten richten sich heute weitgehend gegen schwächere Mitglieder der Gesellschaft – zumal gegen diejenigen, die als Zuwanderer zu uns gekommen sind oder jetzt als Flüchtlinge kommen. Das ist eine üble Gemeinheit. Aber es ist etwas anderes, als die gewählten und ordnungsgemäß berufenen Leitfiguren des Staates zu ermorden. Ein vernünftiges Konzept hatten die Terroristen damals so wenig wie die heute.
• Machen Sie sich Sorgen um die Demokratie?
Nein. Wir haben die demokratische und rechtsstaatliche Widerstandskraft, um das an Diskussionen und Streit auszuhalten, was jetzt aufbricht. Aber es ist eine ernsthafte und Verantwortung erfordernde Aufgabe, die nicht nur vor den demokratisch gewählten Politikern, sondern vor allen Bürgern steht: Wir müssen uns mit denen auseinandersetzen, die brutale Rücksichtslosigkeit predigen und zugleich behaupten, sie seien das Volk. Das ist eine Art des Vorgehens, bei der die wirkliche Mehrheit der Bevölkerung ignoriert wird.
• Wie soll die Mehrheit der Bevölkerung darauf reagieren angesichts erstarkender Gruppierungen wie der AfD?
Es braucht nicht erst die AfD als Aufnahmebecken, um in der eigenen Umgebung auf Standpunkte zu treffen, die dort vertreten werden. Da heißt es: Reden, Argumente bringen, sich nicht gegenseitig verurteilen – das bringt nichts. Wir müssen Menschen dafür gewinnen, dass sie das mühsame Geschäft der Demokratie mit ihren Kanten und Widrigkeiten akzeptieren. Wer heute Kompromisslosigkeit fordert, muss wissen, dass er morgen von anderen, die kompromisslos entscheiden, beiseitegestoßen werden kann. epd