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Domspatzen-Chef: Wer miteinander singt, lernt Rücksicht zu nehmen

Die Regensburger Domspatzen feiern Jubiläum: Seit 1.050 Jahren singt der Chor zur Ehre Gottes. Der Domkapellmeister erklärt, was hinter dem Ruf steckt – und wie seine Vision für die Zukunft aussieht.

Die schulische und musikalische Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen kommt nach den Worten ihres Chefs, Christian Heiß, einer Lebensschule gleich. “Wer jeden Tag im Chor zusammen übt, lernt zuzuhören und aufeinander Rücksicht zu nehmen”, sagte Heiß der Wochenzeitung “Die Tagespost”. Chorsingen auf hohem Niveau funktioniere nur, wenn man einander zuhöre und sich zurückzunehmen wisse, wenn die andere Stimme etwas zu sagen habe. Das seien lauter “Soft Skills, die unsere Gesellschaft heute dringend braucht”.

Auch die Auftritte schulten die jungen Leute, fügte der Domkapellmeister hinzu. Wer sich als Zehn- oder Elfjähriger vor ein Publikum stelle und sich traue, etwas zu präsentieren, lerne für das Leben. “Unsere Jungen und Mädchen sind an Situationen gewöhnt, in denen sie das Wort ergreifen müssen. Auch das Zusammenleben über den ganzen Tag kann sehr hilfreich sein.”

Dazu kommt laut Heiß, dass die Domspatzen überwiegend geistliche Musik singen. Dies führe tiefer in den Glauben hinein – oder erst an ihn heran. Bei den Konzerten des Chores stehe zu 95 Prozent geistliches Liedgut auf dem Programm. “Insofern ist jeder Auftritt ein Beitrag zur Neuevangelisierung, denn im Konzertsaal sitzen nicht ausschließlich Getaufte.”

Die Domspatzen zeichne aus, dass sie versuchten, dem Klang eine gewisse Wärme zu geben, ohne dass Dynamik verloren gehe, erklärte der Leiter. “Die Zuhörer sollen nicht nach einer halben Stunde ermüden, sondern sich wünschen, dass wir die nächsten zwei Stunden weitersingen.”

Als Zukunftsprojekt könnte sich Heiß vorstellen, einmal die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach aufzunehmen. Dafür brauche es aber viel Zeit und eine Generation, die das könne. Gerade in Knaben- und Jugendchören gebe es eine stete Fluktuation. “Im Grunde hat man jedes Jahr einen neuen Chor vor sich stehen, weil sich die Zusammensetzung durch den Stimmbruch ständig verändert.”

Die Domspatzen feiern in diesem Jahr ihr 1.050-jähriges Bestehen. Sie wurden 975 vom damaligen Regensburger Bischof Wolfgang gegründet gelten als einer der ältesten Knabenchöre weltweit. Der Name “Domspatzen” findet sich dem Chor zufolge erstmals in einem Pressebericht über eine Auslandsreise nach Prag im Jahr 1910. Zuvor sei immer von “Domchor” oder “Domcapelle” die Rede gewesen. Seit September 2022 gibt es auch einen Mädchenchor.