Der Text von Reinhard Zöllner hinterließ mich höchst irritiert und wütend. Das Niveau, auf dem er argumentiert, ist an vielen Stellen nicht sachlich, sondern ruf- und persönlichkeits-beschädigend.
Es gibt eine lange rassistische Tradition, schwarze Frauen als besonders aggressiv darzustellen. Dass er den Satz „Eine Kirche ohne Rassismus sei nicht möglich.“ als ‚Gipfel‘ empfindet, belegt leider, wie wenig er Rassismusforschung der letzten Jahrzehnte zur Kenntnis genommen hat, denn dann müsste er diesen Satz nicht als Affront empfinden. Wenn so ein Satz als „aggressiv“ dargestellt wird, zeugt dies tatsächlich von einer Abwehrhaltung und sagt mehr über ihn aus, als über die Expertise, die aus diesem Satz spricht.
“Äußerung trägt zur Spaltung bei”
Dass Zöllner die Stimmung auf der Synode als „freundlich“ beschreibt, widerspricht nicht nur Eleyths Wahrnehmung, sondern auch meinem Empfinden, die online zugesehen hat. Wenn direkt im Anschluss an den Vortag als Erstes eine weiße Person (und noch dazu eine des Präsidiums, die also mit verantwortlich war, Eleyth überhaupt einzuladen!) spricht und ihre Rede in etwa damit beginnt: „Sie werden das als Abwehrmechanismus ansehen, aber ich sage es trotzdem“, trägt die Äußerung zur Spaltung bei und nicht zum Versuch, Rassismus in seinen verschiedenen Facetten verstehen zu wollen.

Die Situation im Saal wurde durch diesen ersten Redebeitrag aufgeheizt. Ich bin mir selbst nicht sicher, ob der „Fragesteller“ Nathalie Eleyth für das gute Deutsch gelobt hat oder ob er dabei die Geflüchteten meinte, über die er gesprochen hatte. Da oft genug nicht-weißen Menschen mit der Annahme begegnet wird, sie seien nicht deutsch, kann ich verstehen, dass dies für Eleyth sehr nahe lag.
Diese für mich ungeklärte Frage ändert aber nichts an den problematischen Rahmenbedingungen. Denn Zöllner macht nicht deutlich, dass es sich bei dem ersten „Fragesteller“ um ein Präsidiumsmitglied handelte. Die Machtverhältnisse werden so von ihm unsichtbar gemacht. Er benennt nicht, welchen Mut es für Schwarze und People of Color kostet, vor einem komplett weißen Publikum, wie es die Synode ist, über Rassismus innerhalb der Kirche zu sprechen. Eleyth hat beschrieben, dass sie verschiedentlich Lachen gehört hat. All das machte ihre Position zutiefst vulnerabel.
“Ein enormer Preis”
Dass Zöllner Eleyth die Wissenschaftlichkeit abspricht, belegt, welchen enormen Preis es für BPoC Menschen (Black and People of Color, d.Red.) in der Kirche hat, auf Missstände hinzuweisen. Seine Polemik gehört außerdem zum bisher üblichen Duktus weißer Arroganz und Ignoranz, sich nicht mit den vielfältigen Wirkweisen von Rassismus zu beschäftigen. Denn Eleyth hat all die führenden Rassismusforscher*innen in ihrer Präsentation zitiert.
Als weiße Wissenschaftlerin, die sich seit 15 Jahren mit Rassismusforschung beschäftigt, finde ich es beschämend, dass noch immer solche Artikel wie der von Zöllner in evangelischen Medien veröffentlicht werden und auch darüber, dass dies in dem Moment geschieht, wo die EKBO eigentlich einen Prozess beschlossen hat, auf dem Weg zu einer rassismuskritischen Kirche bleiben zu wollen. Wie passt beides zusammen, wenn Beteiligte des Prozesses selbst so wenig bereit sind, sich selbstkritisch mit Rassismus auseinanderzusetzen?
Dabei braucht es natürlich auch die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen von Rassismus. Eine ostdeutsche Kollegin machte mich aufmerksam, dass zum Beispiel auch Sorb*innen im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Wie sich der ganze Komplex des Antislawismus zu Rassismus verhält, wird gerade erst tiefergehend erforscht. Doch braucht es für all diese Fragen die Bereitschaft, sich selbstkritisch mit der eigenen Machtposition auseinanderzusetzen. Billiger gibt es keine befreiende Kirche für alle.
Ein Gastbeitrag spiegelt nicht die Meinung der Redaktion wider.