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Dirigent Grossmann will jüdische Kultur sichtbar machen

Vor 20 Jahren gründete der Musiker Daniel Grossmann in München das Jewish Chamber Orchestra Munich. Seither geht es ihm darum, jüdische Kultur in die Gesellschaft hineinzutragen – mit seiner deutschen Sichtweise.

Der Dirigent und Gründer des Jewish Chamber Orchestra Munich, Daniel Grossmann, hält die Verwechslung zwischen Judentum und Israel für “komplett dämlich”. Ihm sei es als Musiker immer darum gegangen, jüdische Kultur sichtbar zu machen, sagte Grossmann der “Süddeutschen Zeitung” (Dienstag).

“Ich kämpfe seit 20 Jahren um die Anerkennung, dass ich Deutscher bin und dass ich zunächst deutsche jüdische Kultur in den öffentlichen Raum bringe”, erklärte der Dirigent. Die Perspektive, die er auf jüdische Kultur habe, sei zunächst nämlich eine deutsche, im zweiten Schritt eine europäische Sicht. Diese sei eine vollkommen andere als eine amerikanische-jüdische Sicht auf die Kultur und noch mal sehr viel anders als eine israelisch-jüdische.

Viele jüdische Künstlerinnen und Künstler erlebten derzeit, dass man nicht mehr eingeladen werde, sagte Grossmann. “Als Begründung dient dann meist der Sicherheitsaspekt, in der aufgeheizten Stimmung könne man keine jüdischen Veranstaltungen haben. Diese Argumentation kommt immer öfter.” Er halte sie für verzagt. Die Kultur dürfe einer solchen Stimmung auf keinen Fall nachgeben.

Auf die Frage, ob er eine Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden in Gaza habe, und ob dieser eine Verbesserung der Situation jüdischer Kultur auch in Deutschland bewirken könnte, sagte Grossmann, das sei unglaublich schwer zu beantworten. “In einigen Wochen wissen wir hoffentlich, dass es einen dauerhaften Frieden gibt. Wie schnell sich dann die Gemüter weltweit beruhigen und wieder eine differenzierte Sicht auf das Judentum entsteht, ist allerdings noch schwieriger vorherzusagen.”

Seit dieser Saison ist das Jewish Chamber Orchestra “Orchester in Residence” an den Münchner Kammerspielen. Es besteht laut Grossmann nicht nur aus jüdischen Musikerinnen und Musikern, was für ihn immer entscheidend gewesen sei. Auch das Publikum sei von Anfang an größtenteils nicht-jüdisch. Aktuell ist das Orchester mit dem Programm “Die Schlüssel von Toledo. Die Musik der sephardischen Juden” unterwegs. Das Ganze klinge komplett nach orientalischer Musik, sagte der Dirigent.