Vor Jahren ist Monika Weidemann auf einen Trickbetrüger reingefallen. Heute warnen die Kölner Seniorin und ihre Theatergruppe andere vor den fiesen Maschen. Der Gesprächsbedarf im Publikum ist groß.
“Oma, hilf mir! Ich brauche 5.000 Euro.” Die ältere Dame schaut verdutzt. Ihre Brille hat sie hoch auf die Stirn ins weiße Haar geschoben. “5.000 Euro?”, wiederholt sie fragend. – “Ja, und zwar schnell”, kommt prompt die Antwort. “Sonst gibt der Makler die Wohnung jemand anderem.” – “Oh, da muss ich mich beeilen”, sagt die Dame und schaut auf ihr nacktes Handgelenk, als ob dort eine Armbanduhr wäre. Die andere Hand hält sie ans Ohr gedrückt wie ein Telefon, den kleinen Finger und den Daumen auseinandergespreizt.
Generalprobe im Bürgerzentrum Köln-Chorweiler. Die Seniorinnen-Theatergruppe unter Leitung von Schauspieler Matthias van den Berg übt noch einmal das Stück “Reingelegt und abgezockt!”. Trickbetrug lautet das Thema. Gleich in der ersten von fünf Szenen braucht der angebliche Enkel am Telefon ganz schnell Geld, um die Kaution für die neue Wohnung zu hinterlegen. Als Handwerker verkleidete Diebe verschaffen sich in einer späteren Szene Zugang zur Wohnung und klauen dort Wertsachen. Zuletzt geht es um ein Ehepaar, das vermeintlich den großen Gewinn in der Lotterie gemacht hat.
Wie im wahren Leben geht die Sache mal gut aus, mal nicht. Am Ende einer jeden Vorstellung beantworten echte Polizeibeamte auf der Bühne Fragen und geben Tipps. “Da sind dann viele, die sagen: Boah, mir ist das gleiche auch passiert”, erzählt Darstellerin Monika Weidemann. Auch sie sei selbst schon Opfer von Trickbetrug geworden. Ein angeblicher ehemaliger Häftling habe ihr vor Jahren an der Haustür ein vermeintliches Zeitschriften-Abo verkauft. “Der hat mir echt leidgetan. Die machen das schon clever”, sagt die 68-Jährige. Im Nachhinein habe sie sich “richtig betrogen” und ausgenutzt gefühlt.
Ihre Schauspiel-Kollegin Emmi Becker ist mit dem Thema ebenso bereits in Berührung gekommen – ebenfalls vor längerer Zeit. Ihr Großvater sei auf Betrüger hereingefallen, berichtet die 73-Jährige. “Das ganze Geld, der ganze Schmuck war weg. Weihnachten fiel für uns in diesem Jahr aus.”
Die beiden Frauen können gut nachvollziehen, warum so viele Menschen die Betrüger nicht durchschauen. “Da wird man so zugequatscht, dass man überhaupt nicht mehr reflektiert”, sagt Weidemann. Die Angerufenen hörten am Telefon – vermeintlich – den vollkommen verzweifelten Enkel – und der Verstand schalte ab. Becker pflichtet bei: Sie wisse nicht, ob sie in so einer Situation noch “normal reagieren” könnte, oder ob der Druck zu helfen überhand nähme.
Deshalb gilt: niemals sensible Daten weitergeben, Anrufe von unbekannten Nummern ignorieren, keine Fremden in die Wohnung lassen. Die Schauspielgruppe fasst auf der Bühne die wichtigsten Tipps zusammen. Das letzte Wort hat Weidemann. “Und nicht vergessen: Immer erst alles mit der Frau besprechen”, mahnt sie mit gespielt strenger Miene und im Kölschen Dialekt. Der Gag hat einen ernst gemeinten Hintergrund. Wer am Telefon aufgefordert wird, Geld zu überweisen, sollte sich immer zuerst mit einem Außenstehenden beraten.
Intensiver austauschen kann sich das Publikum dann mit den anwesenden Polizeibeamten. Bislang sei dieses Angebot sehr gut angekommen, sagt Jessica Schurer vom Kriminalpräventiven Rat Köln, der die Aufführungen veranstaltet. “Wir mussten die Leute wirklich rauskehren, weil die Zeit vorbei war. Da ist ein großer Bedarf da.”
Für sie funktioniert das Stück auch deshalb so gut, weil die Zielgruppe der älteren Menschen von Gleichaltrigen auf der Bühne angesprochen wird. Der Leiter der Theatergruppe, Matthias van den Berg, betont zudem: Bei allem Ernst dürfe zwischendurch gelacht werden. “Wir wollen die Leute auch gut unterhalten.”
Am 25. Oktober ist “Reingelegt und abgezockt!” im Polizeipräsidium Köln zu sehen. Weitere Termine sind für Frühjahr und Herbst 2026 geplant. Darstellerin Weidemann freut sich auf die Auftritte: “Für uns ist das eine ganz tolle Aufgabe, da zu unterstützen und das Thema bei den Leuten wach zu halten.”