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Die Wombacher “Klößköpf” und ihr Weltrekord-Versuch

Es gibt Dinge, da verstehen Franken keinen Spaß. Vor allem beim Essen und Trinken. Bei Bratwürsten, Wein und Bier, beim Schäuferla und auch den Klößen ist für die Franken klar: Keiner kann’s besser als die Menschen in Nordbayern. Eben deshalb will eine kleine Spessart-Gemeinde den Thüringern einen Weltrekord-Titel mopsen. Nämlich den für den größten Kartoffelkloß. Seit Monaten tüfteln sie in Wombach, einem Ortsteil von Lohr am Main, nun schon an den technischen Details, erläutert Klaus Hübner, einer der „Klößköpf“ hinter dem Weltrekord-Versuch.

epd: Herr Hübner – warum, um alles in der Welt?

Hübner: Wir feiern dieses Jahr vom 19. bis 22. Juni in Wombach unser 700-jähriges Dorfjubiläum – da gibt es ein Organisationsteam aus Vereinsvertretern und Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die das vorbereiten. Irgendwann hat jemand mal in den Raum geworfen: Wir brauchen etwas Besonderes, um die Menschen nach Wombach zu locken…

epd: In anderen Dörfern organisiert man dann einen Beat-Abend oder eine Tombola…

Hübner: Ja, genau, so sieht’s aus. Aber damit lockt man ja letztlich niemanden mehr hinterm Ofen hervor. Uns war klar, dass wir etwas Originelleres brauchen. Und weil wir Wombacher hier in der Region schon seit ich mich erinnern kann als „Klößköpf“ bezeichnet werden, war schnell klar: Es muss irgendwas mit Klößen zu tun haben.

epd: Ihr fränkischer Kloß soll den Rekordhalter aus Jena ausstechen. Wieso machen Sie es nicht genauso wie die Thüringer, nur mit ein paar Kilo mehr Kloßteig?

Hübner: Weil wir natürlich einen fränkischen Kloß machen wollen. Thüringer Klöße sind in der Zubereitung ja ganz anders als fränkische Klöße. Und das macht es am Ende für uns auch beim Weltrekord sehr viel schwieriger – denn ein fränkischer Kloß hat schon in einer normalen Größe eine längere Garzeit als sein thüringisches Pendant.

epd: Aha, aber weshalb ist das jetzt besonders problematisch?

Hübner: Na ja, bei normal großen Klößen ist das kein Thema, die Fränkischen ziehen dann eben ein paar Minuten länger. Aber der Jenaer Kloß mit seinen 365 Kilo und unser geplanter Kloß mit seinen 400 Kilo brauchen ein Vielfaches dieser Zeit. Und je länger die Kochzeit, desto leichter zerfällt der Kloß am Ende.

epd: Was genau tun Sie, um diese Probleme in den Griff zu bekommen?

Hübner: Wir haben einen großen Edelstahltank mit etwa 3.000 Litern, in denen der Kloß sieden wird. Der Kloß wird in einem Tuch und in einem Edelstahl-Korsett gekocht und anschließend mit einem Kran herausgehoben. Ganz wichtig ist aber, dass der Kloßteig nicht eiskalt verarbeitet wird, um die Siedezeit auf etwa 20 Stunden zu reduzieren.

epd: Im Internet steht etwas von Lebensmittelpumpen, mit denen der Kloßteig verfüllt wird. Pardon, aber so richtig lecker klingt das nicht…

Hübner: Das ist nun einmal das Instrumentarium, das wir brauchen! Aber ich gehe davon aus, dass das Ergebnis an diesem Samstag (21. Juni) auch lecker sein wird. Schließlich gelten für den Weltrekord konkrete Voraussetzungen. Laut Rekordinstitut Deutschland muss nämlich der gesamte Kloß am Ende auch verzehrt werden.

epd: Bei 400 Kilogramm Gewicht sind das am Ende mehr als 2.000 Klöße – wer soll die denn alle essen?

Hübner: Na ja, es ist unser Dorfjubiläum und wir spekulieren schon auf viele Hundert Gäste. Außerdem ist unser Kloß ja keine Beilage, sondern der Star auf dem Teller: Es gibt den fränkischen Klassiker Kloß mit Soß! Und die Einnahmen aus dem Kloßverkauf kommen einem guten Zweck zugute – wir spenden sie an die BR-Benefizaktion Sternstunden.

epd: Sie haben verschiedene Tests und Versuche gemacht – können Sie inzwischen überhaupt noch Klöße sehen, geschweige denn mit Genuss essen?

Hübner: Freilich! Es ist ja auch nicht so, dass wir jede freie Minute zum Test Riesen-Klöße machen. Aber es gibt bei uns in Wombach schon den ein oder anderen, der richtig viel Zeit und Kloßteig in unser Projekt investiert hat. Denen könnte der Kloß-Appetit nach dem ganzen Weltrekord-Versuch schon ein bisschen vergangen sein.

epd: So einen Weltrekord-Titel hält man ja oft nur für ein paar Jahre, bis er einem wieder weggeschnappt wird. Folgt auf den fränkischen Mega-Kloß in zehn Jahren ein Giga-Kloß mit einer halben Tonne?

Hübner: Oh je, das weiß ich jetzt wirklich noch nicht! Tatsache ist, dass wir nicht die Ersten sind, die den Weltrekord der Jenaer knacken wollen – da gab es schon ein paar Versuche, die aber alle gescheitert sind. Bei manchen war der Kloß nicht durch, bei anderen ist er beim Ablegen zerfallen. Kurz gesagt: Das Ding ist noch nicht gewonnen!

epd: Okay, und welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Hübner: Sehr, sehr gute. Also, ich gehe zu 100 Prozent davon aus, dass wir es schaffen können und werden. Aber man darf auch trotz guter Vorbereitung nicht zu leichtfertig an die Sache rangehen. Es gibt wichtige Faktoren, die wir nicht beeinflussen können. Wenn das Wetter mies wird, verändert das auch die Kochzeit im Freien…

epd: Was passiert eigentlich mit den ganzen extra angefertigten Utensilien, wie dem Edelstahl-Korsett oder dem Kochbehälter?

Hübner: Den Kochbehälter geben wir einfach an den Spender zurück, der wird dann für andere Dinge verwendet, als Tank oder so. Was wir mit den anderen Dingen machen – keine Ahnung. Vielleicht stellen wir das Edelstahl-Korsett zur Erinnerung auf einen Sockel an den Ortseingang (lacht). (1804/15.06.2025)