Feministisches Kino? Glaubwürdiger Bibelfilm? „Maria Magdalena“ mit Rooney Mara in der Titelrolle ist beides.
Von Friederike von Kirchbach
Ob Hollywood oder Berlinale: Die internationale Filmbranche steht im Zeichen von #metoo. Frauen wehren sich gegen sexuelle Gewalt, die häufig von Männern in Machtpositionen ausgeht. Dabei wird auch über die Rolle von Frauenfiguren im Film diskutiert.
Schon 1985 entwickelte die US-amerikanische Comiczeichnerin Alison Bechdel einen Test, der die Wahrnehmung der Rolle der Frauen in Filmen schärft. Es geht im Wesentlichen um drei einfache Fragen: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als über einen Mann? Der Test will zeigen, ob Frauenfiguren im Film über sich selbst definiert werden und eine eigene Geschichte haben, jenseits der Abhängigkeit von einem männlichen Charakter.
Ich finde es sehr gut und höchste Zeit, dass diese Debatte geführt wird. Ich bewundere den Mut vieler Frauen. Die Ergebnisse der Berlinale, etwa der Goldene Bär für „Touch me not“ der rumänischen Regisseurin Adina Pintilie, haben gezeigt, dass der Kampf erfolgreich geführt werden kann.
Und auch wenn die Konfliktlage bei der Kirche anders ist und die Machtkämpfe verdeckter und nicht so wie in Theater, Film und Fernsehen ausgetragen werden: Die Debatte geht auch uns etwas an. Ein Test, wie jener von Alison Bechdel, wäre für manche attraktiven Entscheidungsgremien unserer Kirche an der Zeit. Dabei ist die Bibel, trotz ihres hohen Alters, in dieser Frage durchaus vorzeigbar. Zwar könnten es mehr sein, aber es gibt dort starke, eigenständige Frauen.
Wir können es uns jetzt auch im Kino anschauen. Diese Woche kommt ein Film in die Kinos, für den die Fragen des Bechdel-Tests positiv beantwortet werden können. Da geht es um eine starke Frau, Maria Magdalena, gespielt von Rooney Mara. Sie trägt die Handlung des Films. Das Drehbuch wurde von zwei Frauen geschrieben: Helen Edmunson und Philippa Goslett. Die Story entwickelt sich aus weiblicher Perspektive.
Vor allem aber hat mich der Respekt, ja die Demut vor der großen Handlung verblüfft. Wir können sie in den Evangelien nachlesen. Ich dachte bisher, dass der biblische Stoff schwer zu verfilmen ist, weil wir schon lange Bilder in uns haben. Und ich gebe zu, dass mich der großartig gespielte, starke und trotzdem zweifelnde, ja verzweifelnde Jesus (Joaquin Phoenix) anfänglich irritiert hat. Aber am Ende haben mich die Bilder des Films und die Kraft der Wörter, die nah am biblischen Text sind, und vor allem die beiden Hauptdarsteller nicht wieder losgelassen – Rooney Mara wirkt jung und zerbrechlich und ist stärker als alle anderen im Film.
Es gibt solche Menschen, die ihre besondere Kraft dem Leben derer schenken, die um sie sind und sie brauchen. Still und unbeirrbar ist diese Maria. Ihr Gegenüber Jesus ist sehr männlich, aber nie machomäßig, Petrus ist kraftvoll und dabei alles andere als ein Held – aber so steht es geschrieben.
Und dann immer wieder die Augen von Jesus, denen man glaubt, dass sie alles Leid der Welt schon gesehen haben. Nichts wird beschönigt – auch nicht die schwierige Rolle der jungen Frau in der Schar der Jünger. Auf allzu grausame Darstellungen der Folter und Kreuzigung wird weitestgehend verzichtet.
Und sicher ist nicht jedes Detail historisch korrekt aufgearbeitet. Das muss aber ein Kinofilm nicht unbedingt leisten. Ich habe viel gelernt von denen, die sich den alten biblischen Stoff auf eine unverstellte Weise gewidmet haben. Dieser Film wird Folgen haben für die Predigten, die jetzt vor mir liegen. Ich empfehle ihn sehr gern.