Von Robert Leicht
Die evangelische Kirche und ihr Verhältnis zur Demokratie – pardon, wo ist hier das Problem? Entspricht es nicht dem gesunden Menschenverstand, dass heutzutage alle Institutionen ohne jede Frage für die Demokratie eintreten? Freilich haben auch die Protestanten erstaunlich lange gebraucht, bis sie sich mit der Freiheit und der Demokratie auf einen guten Fuß gestellt haben. Ja, die Demokratie musste gegen alle Obrigkeit, also auch gegen die kirchlichen Obrigkeiten durchgesetzt werden. Trotzdem fühlte sich der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland noch 1985 veranlasst, eine regelrechte Denkschrift mit dem Titel „Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe“ herauszugeben – ganz, als ob das so Selbstverständliche nicht einmal im Westen der Republik so selbstverständlich gewesen sei.
Als Winston Churchill im November 1947 sagte, die Demokratie sei die schlechteste Regierungsform – ausgenommen all jene anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind, so wollte er damit ja nicht einen Kalauer in die Welt setzen, sondern einer tiefen Einsicht Ausdruck verleihen. Es sind nämlich sämtliche politischen und gesellschaftlichen Ordnungen mit gewissen Fehlern belastet. Auch die Demokratie kann kaum besser sein als die Menschen, die in ihr leben. Dasselbe gilt übrigens auch für die real existierende Kirche.
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