Lukas benutzt das Markusevangelium und die sogenannte Spruchquelle Q, in der Worte Jesu überliefert wurden, die aber nicht schriftlich erhalten ist. Außerdem verfügt er über Sondergut, das fast die Hälfte des Buches ausmacht und gewiss nicht nur aus bloß einer weiteren Quelle stammt. Dazu gehören auch die Vorgeschichten, als bekannteste die Geburt im Stall.
Für Lukas ist es wichtig zu zeigen, dass es bei Jesus eine lange Vorgeschichte gegeben hat und eine lange Nachgeschichte geben wird. Jesus selbst markiert die „Mitte der Zeit“. Hier liegt der Dreh- und Angelpunkt der Heilsgeschichte.
Der leitende Gedanke, der hinter den drei Geschichtspaaren vor der Geburt steht, ist leicht zu erkennen. Es geht um das enge Verhältnis von Johannes dem Täufer und Jesus. In der frühen Gemeinde waren die „Johannes-Anhänger“ und die „Jesus-Gemeinden“ aber durchaus zwei verschiedene Größen. In den lukanischen Vorgeschichten wird aber deutlich, dass sich Gottes Wirken in beiden vollzieht: in dem, was bei Johannes und Jesus parallel ist, genauso wie bei dem, was sie unterscheidet. Der eine ist Vorläufer, Wegbereiter, dessen Aufgabe es ist, auf den anderen hinzuweisen. Der andere ist der Christus, der Messias, der von Gott zum Herrscher über alle Welt Gesalbte. Im dritten Geschichtenpaar geht es darum, dass Gott sich im Menschen Jesus offenbart und der Tempel auf seine Rolle als reines Gebäude reduziert wird. Aber es findet auch kein Bruch statt. Christus zerstört den Tempel nicht, er vollendet, was in ihm angelegt und vorbereitet ist.
Die Ankündigung der Geburt im ersten Geschichtenpaar geschieht jeweils durch einen Gottesboten, einen Engel. In seiner Botschaft erweist sich Gottes Macht. Elisabeth wird trotz ihres Alters einen Sohn zur Welt bringen, der einen besonderen Gottes-Auftrag haben wird, und Maria ebenfalls, die wohl eher noch ein junges Mädchen ist und einem Manne aus dem Geschlecht der Davididen verlobt war. Die ursprüngliche Jesajaverheißung (7,14) sprach von einer jungen Frau, die schwanger werden würde, aber bei Lukas und später mehr und mehr wird sie als Jungfrau verehrt. Dieser Unterschied ist jedoch nicht die Fragestellung der damaligen Zeit. Ihr ging es darum, das Wirken Gottes in dieser Frau zu bekennen. Bewegend auch die Zeugnisse der Hanna und des Simeon. Sie sind Menschen, die Gottes Handeln verstanden haben und für sich den Frieden annehmen konnten, weil mit dem Kind Gottes Frieden in dieser Welt auf den Weg gebracht wurde.
„Die Bibel lesen“ für die Woche 1. bis 7. Januar auf Seite 11 in dieser Ausgabe.