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Die Bibel lesen

Woche vom 21. bis 27. Juni Sonntag: Psalm 107, 1-22 Montag: Genesis (1. Mose): 43,1-14 Dienstag: Genesis 43, 15-34 Mittwoch: Genesis 44, 1-34 Donnerstag: Genesis 45, 1-24 Freitag: Genesis 45, 25 – 46, 7 Samstag: Genesis 46, 28-34

Große Geschichte spielt sich oft in dramatischen Einzelschicksalen ab. Für Jakob ist das Risiko groß, seine Söhne erneut auf die weite Reise ins reiche Ägypten zu schicken. Er will den Jüngsten nicht nur als seinen Altersliebling (und Versorger) zu Hause behalten, sondern als Absicherung für die Zukunft des ganzen Stammes, für den Fall, dass den Brüdern auf ihrer Reise etwas passieren sollte. Das können wir uns heute im Zeitalter weltweiter Kommunikation kaum noch vorstellen, wenn man monatelang wartet und die Frage das Herz quält: Wie geht es den Lieben, wo mögen sie heute sein? Für Josef hingegen ist es nach allem schwer, die eigenen Brüder als solche zu akzeptieren, und er prüft sie mit einer uralten Falle. Er packt Benjamin, dem Jüngsten, einen wertvollen Becher in den Getreidesack, um ihn dann wegen dieses „Diebstahls“ anzuklagen. Aber die Solidarität der Brüder hält der Versuchung stand: Sie lassen ihren Bruder nicht im Stich. Die Geschichte nimmt also einen guten Verlauf. Alle Irrungen und Wirrungen aus menschlichem Versagen, Schuld, aber auch menschlicher Größe lassen schließlich erkennen: Gott verfolgt weiträumig und mit sehr langem Atem seinen Plan und lässt ein Volk entstehen, das seinen Willen und seine Verheißungen erfährt. Eine Botschaft des „Josef-Romans“ lautet: Gott schützt die Seinen in Dürre und Hunger und sogar auf „krummen Linien“ „schreibt er gerade“. Nicht zuletzt die kleinen Feinheiten lassen tief blicken: Als Jakob von seinen Söhnen hört, dass Joseph lebe, blieb „sein Herz kalt“. Zu groß war sein Misstrauen und ließ ihn zögern, die unglaubliche Geschichte, die er da erfuhr, für wahr zu halten. Erst ganz allmählich „taute seine Seele auf“(45, 26ff.), und er ließ sich bewegen aufzubrechen, um seinen Sohn vor dem Tod noch einmal zu sehen.
Der erste Abschnitt in Kapitel 46 wird in der Bibellese überschlagen. Was sollen wir heute noch mit diesen vielen, teils unbekannten und längst versunkenen Namen anfangen? Das ist in Israel anders. Sehr viele kennen sich bis ins letzte Detail genau aus, was sie dann in den sehr beliebten Bibel-Quiz-Wettbewerben unter Beweis stellen. Auch als fachkundiger evangelischer Teilnehmer kann man da nicht mithalten.
Zum Schluss eine aufschlussreiche Szene: Josef hält es für wichtig, den Pharao in Kenntnis zu setzen, denn aus Sicht der Nilbewohner gehören die Jakobssöhne zu den „Viehhirten“ (Luther), Beduinen, wie sie heute vorwiegend genannt werden. Das deutsche Schimpfwort „Zigeuner“ deutet in etwa das an, was ein Fellache oder gar ein großer Landwirt in Ägypten von diesen hielt. Und die sollten auch noch integriert werden! Das war schon damals nicht einfach.