Brüder haben ihren eigenen Bruder verkauft. Er hat seine Menschenrechte verloren und ist zur Ware geworden. Josef wird gekauft und weiter verkauft. Potifar, ein hoher ägyptischer Beamter, setzt ihn zunächst als einfachen Diener, dann aber als Hausverwalter ein, weil ihm alles glückte. Sklaven waren durchaus nützlich und insofern auch geachtet. Und weil Josef zudem offenbar ein ansehnlicher Mann war, wollte auch die Frau über ihn verfügen, ihn gewissermaßen sexuell ausbeuten. Als Josef sich verweigerte, bringt ihn das ins Gefängnis. Als Sklave war er hier rechtlos. Im Gefängnis kommt es zu geheimnisvollen Begegnungen. Hintergrund ist die völlig andere Mentalität der Ägypter, die sich vom nomadischen Lebensempfinden grundlegend unterschied. Denn in Ägypten war man sesshaft. Es gab nicht das unstete und rastlose Unterwegssein. Den über Generationen angewachsenen Instinkt, mit dem man kleinste Anzeichen in der Natur wahrnahm und sich im Überlebenskampf anpasste, braucht man hier nicht. Am Ufer des Nil musste man warten können, Geduld üben. Im Juli eines jeden Jahres beginnen die Wasser des großen Flusses zu steigen und über die Ufer zu treten. Die Natur kündigt dieses Ereignis mitten im heißesten Sommer nicht an.
Allerdings merkte man in der Pharaonenzeit, dass zeitgleich auch der leuchtende Sirius am Nachthimmel erschien. Also wurde ein Himmelskalender erfunden, der das Sonnenjahr umfasste und nicht mit dem Mond durchs Jahr wanderte. Es war aber an nichts zu erkennen, ob die Flut hoch oder niedrig ausfallen, die Ernten also reich ausfällt oder nicht. Die Notzeiten der Wüste und die knappen Jahre am Nil hatten also unterschiedliche Ursachen und verliefen normalerweise nicht parallel. Während eine Vorratswirtschaft in der Wüste kaum möglich ist, war sie in Ägypten die Entdeckung, mit der ein Volk das Überleben viel einfacher hatte, ja sogar reich werden konnte. Mäusesichere Speicher waren die Voraussetzung für eine Verwaltung, die über ein Jahr hinaus lang- oder mittelfristig denken wollte und eben eine staatliche Struktur, die viel mehr als einen einzelnen Stamm oder ein Dorf umfasste. Ober- und Unterägypten schlossen sich zu einem Reich unter einem Pharao zusammen. An dieser kulturgeschichtlichen Schwelle spielt die Josefsgeschichte. Und Josef verhält sich wie nach ihm viele andere Juden in ihrer jeweiligen Heimat: Er suchte das Beste der Stadt, ja des Landes. Und als es dann dem Land am Nil gut ging, überzog eine schlimme Dürre die Wüstengebiete und zwang die Nomaden zu Notmaßnahmen.