Es folgen die bedeutendsten Kapitel des 2. Buches Mose. Schauplatz ist der Zentral-Sinai. Die Halbinsel ist insgesamt eine Wüstengegend. Die flacheren Küstenregionen lassen kaum vermuten, dass es im Inneren ein regelrechtes Hochgebirgsmassiv gibt. Der Dekalog, die Zehn (wobei die Zählung unterschiedlich gehandhabt wird) Gebote, werden in 2. Mose 20, also im Sinai und später auch in 5. Mose 5 (Deuteronomium=das zweite Gesetz), also vor der Überquerung des Jordans in das gelobte Land überliefert. Sie sind der Auftakt und Kern der Tora. Man darf die Tora aber nicht als Grenzen setzendes Gesetz verstehen und damit einen Gegensatz zum „Evangelium“, zu frohen Botschaft, herstellen. Denn sie will vor allem „so wie eine Mutter und ein Vater ihren Kindern den Weg zum Leben weisen und sie vor den Fallen des Todes bewahren“. Während nun aber in der gesamten altorientalischen Geschichte das Recht vom jeweiligen König ausgeht, sei es als Gewohnheit oder Tradition, sei es gemeißelt, geschrieben oder mündlich überliefert, ist der Sinai eine Wüstengegend ohne jeden menschlichen Herrscher: keine Hauptstadt, noch nicht einmal eine feste Siedlung, sondern ein ausgesonderter, symbolträchtiger Ort zwischen Himmel und Erde, der abseits von jeder Staatsgarantie, jeder menschlichen Macht die „Lebensordnung“ Gottes offenbar macht.
Auch wenn leicht erkennbar ist, dass sich die Rechtsordnungen Israels später in den jeweiligen historischen Situation ergänzt und weiter entwickelt haben, so bleiben die Zehn Gebote der Kern der Freiheit, die sinnvolles menschliches Leben nach Gottes Willen erst möglich machen. Und man muss beachten: Die Zehn Gebote bleiben später der gewichtige Kernpunkt des Bundes, in dem Gottes seine Zuwendung erkennen lässt, ja sie werden auch Menscheitsgrundregel im weitesten Sinne. Aber der Dekalog ist bei weitem nicht das einzige Element in der Tora. Moralgesetze, Kult- und Zeremonialgesetze, Kriegsgesetze, Familien- und Sexualgesetze, Regelung des Asylrechtes, gleichsam alles, was in einem gedeihlichen Gemeinwesen für ein gerechte und friedliches Zusammenleben zu regeln ist, kommt vor. Und obwohl deutlich ist, dass diese Ordnungen in einer noch wenig städtischen und von Grund auf patriarchalischen Kultur entstanden sind, ist der Grundgedanke der Nächstenliebe, die Achtung des Geringen und Schwachen sowie der Minderheitenschutz von oft atemberaubender Aktualität.
Artikel teilen:
Die Bibel lesen
Woche vom 3. bis 9. Juli Sonntag: Psalm 135 Montag: 2. Mose 18, 1-27 Dienstag: 2. Mose 19,1-25 Mittwoch: 2. Mose 20,1-21 Donnerstag: 2. Mose 24,1-18 Freitag: 2. Mose 25,1-22 Samstag: 2. Mose 32,1-14