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Die Bibel lesen

Woche vom 8. bis 14. Mai Sonntag: Psalm 86 Montag: 1. Korinther 7,25-40 Dienstag: 1. Korinther 8,1-6 Mittwoch: 1. Korinther 8,7-13 Donnerstag: 1. Korinther 9,1-18 Freitag: 1. Korinther 9,19-23 Samstag: 1. Korinther 9,24-27

Der 1. Korintherbrief ist wahrscheinlich um die Mitte der 50er Jahre aus der Stadt Ephesus geschrieben worden. Die Erwartung der baldigen Wiederkehr Christi ist noch ungebrochen. Das Leben, auch das in der Gemeinde, wurde vor allem in seiner Vorläufigkeit verstanden. Man rechnete noch nicht damit, dass eine weitverbreitete und festgefügte Kirche entstehen würde und Christen sich in der Zeit und in der Welt dauerhafter einrichten müssten.
Nach dem Vorbild Jesu (etwa Markus 3,31-35) wurde die Gemeinde als tragende Gemeinschaft der Schwestern und Brüder wie eine neue Familie verstanden. Das führte oft zum Herausgehen aus dem traditionellen, nicht zuletzt sozialen Schutzraum der überkommenen Familie. Das Denken in Generationen übergreifenden Zusammenhängen von Familie, von Geburt und Tod, von Heiraten und Erben stand etwa für Paulus nicht im Vordergrund. Das Leitbild der christlichen Familie als Generationen umspannende Kernzelle der Gemeinde war noch nicht ausgeprägt. Paulus selbst ist ledig geblieben und gibt seine Empfehlungen aus dieser Sicht. Das hat für heutiges Empfinden im Rückblick bei dem Apostel zu einer gewissen Weltfremdheit geführt, die der Wirklichkeit damals, aber auch den späteren christlichen Leitbildern nicht gerecht wurde.
Immerhin wird in erstaunliche Offenheit über die Probleme nachgedacht. Die Weltscheu ist also keine Weltflucht. Wiewohl als Fremde in dieser Welt, haben Christen volle Verantwortung und auch Vollmacht, und Paulus zögert nicht, mit Empfehlungen und Entscheidungen, Christusweisungen und eigenen Einschätzungen zu diesen Fragen Stellung zu beziehen. Das entbindet spätere Generationen von Christen nicht von der gleichen Aufgabe, in diesen Fragen den eigenen „Christusweg“ zu suchen und zu leben, auch wenn dann einzelne Lebensregeln anders aussehen sollten als damals. Paulus hat mutige Aussagen gemacht, auch über das Zusammenleben von Mann und Frau und die Leiblichkeit als wesentlichen Teil der Schöpfung Gottes begriffen.
Quer durch das ganze Neue Testament zieht sich das Problem der Witwen, das hier nur kurz anklingt. Sehr schnell musste bei einem Todesfall die Versorgung der Familie geregelt werden. Da sah die Gemeinde ihre Aufgabe. Witwen fanden hier Halt, gerade wenn sie nicht wieder heirateten und – nach der persönlichen Empfehlung des Paulus – lieber oder auch notgedrungen ledig blieben. Die Ehe ist vorrangig eine irdische Verantwortungsgemeinschaft und gilt für die Lebenszeit. Die Bibel kennt keine Bindung über den Tod hinweg. Das ginge über das Menschenmögliche hinaus.