Die Auseinandersetzung mit der Gnosis, dieser esoterischen Lifestyle-Variante der Antike, zieht sich wie ein roter Faden durch die ersten beiden Jahrhunderte der Christenheit. Der Kirchenvater Irenäus, der um das Jahr 177/78 Bischof in Lyon wurde und um 202 als Märtyrer starb, hat ein großes Werk geschrieben: „Entlarvung und Widerlegung der falschen Gnosis“. Irenäus greift diesen Gegner offen und systematisch an, deutlicher als vorher, als die internen und externen Grenzziehungen in der Anfangsphase steckten, als man noch daran denken konnte, die Irrlehrer zu korrigieren und wieder zu integrieren.
Inhaltlich geht es – fast wie in heutigen Illustrierten – um das richtige Essen und Askese (Gesundheit) und die Frage, ob man als Christ heiraten solle oder angesichts des bevorstehenden Weltendes doch lieber nicht. Wobei die gnostischen Regeln sehr heuchlerisch verbargen, dass deren Anhänger zwar unverheiratet blieben, sich dabei aber Ausschweifungen hingaben, weil – wie sie sagten – der göttliche Funke im Menschen, die Himmelsperle in seiner Seele, niemals Schaden nehmen könne.
Das hat mit der Botschaft Jesu nun gar nichts zu tun. Schon im ersten, im Alten Testament ist immer vom ganzen Menschen die Rede und der Schuld, die er als ganzes Geschöpf Gottes auf sich lädt.
Timotheus wird angehalten (4,7), sich selbst „in Frömmigkeit“ zu üben. Während das deutsche Wort „fromm“ in seiner Grundbedeutung „nützlich“ meint, steht hier im Griechischen ein Wort, das eigentlich „Gottesfurcht“ bedeutet, also die auf Gott ausgerichtete Lebensgestaltung. Die frühen Christen haben sehr wohl gespürt, dass man den Menschen nicht aufteilen darf in Körper und Geist, lichte und dunkle Eigenschaften, Mann und Frau: Nein, vor Gott ist jeder Mensch ganz, alles ist von Gott geschaffen und geschenkt, alles muss darum aber auch vor Gott verantwortet werden.
Bewegend ist zu lesen, wie hier die Situation der Witwen behandelt wird (5,1-16). Das Ausmaß dieses Problems ist heute kaum noch nachvollziehbar, denn durch Krankheiten, (Arbeits-)unfälle und nicht zuletzt durch den Militärdienst der Männer wurden viele Frauen früh Witwen. Der Timotheusbrief fordert und fördert sehr praktische Lösungen: lebensbejahend (heiratet!), aber nicht lebensgierig (Leben auf Kosten anderer). Ehe und Familie sind durchaus christliche Verantwortungsgemeinschaften!
Artikel teilen:
Die Bibel lesen
Woche vom 24. bis 30. Januar Sonntag: Psalm 89,25-53 Montag: 1. Timotheus 5,3-16 Dienstag: 1. Timotheus 5,17-25 Mittwoch: 1. Timotheus 6,1-10 Donnerstag: 1. Timotheus 6,11-21 Freitag: 2. Timotheus 1,1-12 Samstag: 2. Timotheus 1,13-18