Sonntag: Psalm 87
Montag: Johannes 8, 21-30
Dienstag: Johannes 8, 31-36
Mittwoch: Johannes 8, 37-45
Donnerstag: Johannes 8, 46-59
Freitag: Johannes 9, 1-12
Samstag: Johannes 9, 13-23
Der Abschnitt 8, 21 bis 9, 23 handelt von antagonistischen Konflikten und gegenseitigen Beschuldigen zwischen Jesus und solchen Judäern, die nicht nur kein Vertrauen zu ihm fassen können, sondern ihn auch nicht nur als anmaßend empfinden, sondern ihm vorwerfen, er habe Dämonisches in sich (vergleiche Johannes 8,49). Jesus seinerseits kontert nicht weniger harsch. Er bestreitet seinen Gegnern, Kinder Abrahams und damit Kinder Gottes zu sein.
Vielmehr sei der Diabolos, der Zerrwerfer (vergleiche Johannes, Übersetzung Frankfurt Neues Testament 3) ihr Vater. Verständigung ist so nicht mehr möglich. Die aufgebrachte Menge will Jesus steinigen, doch der als überlegen dargestellte Gottessohn wird von Gott wunderbar verborgen und kann so unbemerkt aus dem Jerusalemer Heiligtum entkommen (vergleiche Johannes 8,59).
Solche Texte der Bibel müssen sehr sorgsam interpretiert werden, weil sie in einer antijudaistischen Auslegungstradition zu Judenhass und Antisemitismus beigetragen haben. Es ist wichtig, hier nicht das Judentum als Kollektiv aller Juden in den Text einzutragen, denn das führte zu dem absurden Ergebnis, dass der Jude Jesus auch gegen sich selbst als Jude streiten würde und es vernachlässigte, dass Jesus gerade in diesem Abschnitt zeigt, wie bleibend gültig er die Gunst, ein Kind Abrahams zu sein, wertschätzt, weil die Kinder Abrahams Gottes Kinder sind (vergleiche 8,39b). Es ist daher klärend, das griechische Wort Ioudaíoi nicht mit „Juden“, sondern mit „Judäern“ zu übersetzen, zumal andere Judäer ja Vertrauen zu Jesus fassen (vgl. Johannes 8,30).
Worum geht aber der Streit, der auch heute noch schwelt und zu dem wir uns heute selbst als Leserinnen und Leser des Johannesevangeliums positionieren müssen? Wer zu Jesus kein Vertrauen fasst, kann nicht erkennen, wer er ist. Die aber Vertrauen zu ihm Fassenden dürfen sich seine Schüler und Schülerinnen nennen. Ihnen gilt die Zusage: „… ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch befreien.“ (Johannes 8,32).
Doch wovon werden wir Schülerinnen und Schüler Jesu befreit? Das Vertrauen zu Jesu Wort vom liebenden Gott befreit von der Blindheit – davon handelt Johannes 9,1-41 –, gegenüber der eigenen Blindheit und so blind gegenüber allen Konsequenzen von Abhängigkeit in Abhängigkeit zu stolpern. Wir erleben heute, dass diese Blindheit nicht nur eine individuelle, sondern eine weltpolitische Gefahr darstellt. Wer sich blind, also rücksichtslos auf die Abhängigkeiten gegenüber Gott spielende Despoten einlässt, wird darin umkommen.
• Stefan Alkier ist Professor für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche am Fachbereich evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main.