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Die Bibel lesen

Woche vom 24. bis 30. April

Sonntag:    Psalm 81
Montag:     1. Johannes 1, 1-4
Dienstag:     1. Johannes 1, 5-10
Mittwoch:     1. Johannes 2, 1-6
Donnerstag:     1. Johannes 2, 7-11
Freitag:     1. Johannes 2, 12-17
Samstag:     1. Johannes 2, 18-29

Bereits die ersten Worte des ersten Johannesbriefes zeigen, dass dieser nicht gewöhnlich ist. Statt mit einer zu erwartenden Grußformel beginnt der Text in medias res: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unseren Augen, was wir erschaut haben und unsere Hände ertastet haben über das Wort des Lebens.“ (1. Johannes 1,1 – FNT 3) Nicht selten hat dieser Umstand zu der Frage geführt, ob es sich beim ersten Johannesbrief um einen Brief handelt. So erinnert der Stil bisweilen auch an eine Art Predigt, wie sie noch heute an Sonntagen gehört werden könnte. Doch auch ein Brief wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit laut verlesen. Egal, wie: Der zitierte Prolog bricht mit Erwartungen und gibt damit das Programm des gesamten Textes vor. Der Text bringt sich damit in einen direkten Zusammenhang mit dem Johannesevangelium, präzisiert das Wort zum Wort des Lebens und beansprucht Augenzeugenschaft für die beschriebenen Ereignisse.

Der erste Johannesbrief ist nicht einfach, vor allem nicht einfach zu verstehen. Vielmehr scheint sich das Thema des Briefes um verschiedene Themenfelder herum zu entwickeln, die nicht separiert wahrgenommen werden können und sich wechselseitig beeinflussen. Ist im Brief von Licht und Dunkelheit, von Wahrheit und Nicht-Wahrheit, von Liebe und Hass usw. die Rede, dann können diese Passagen nicht für sich verstanden werden, sondern erst aus der Zusammenschau mit den übrigen Themen des Briefes: Alles steht mit allem in Zusammenhang.

Im Zentrum steht ein gruppendynamischer Prozess, der sich anhand unterschiedlicher Zugänge zu Gott und Christus vollzieht. Der Text blickt auf eine Wegkreuzung innerhalb der Ausbildung der Gruppen zurück. Zwar bildeten sie einst eine gemeinsame Gruppe, die Zusammengehörigkeit wird jedoch abgelehnt: „Aus uns sind sie hervorgegangen, aber sie waren nicht aus uns.“

Dass der erste Johannesbrief ein besonderes Augenmerk auf Aspekte der Gemeinschaft und ihrer Bedrohung legt, zeigt sich auch an anderer Stelle. Es gilt, die Geschwister zu lieben und füreinander zu sorgen. Dieses familiäre Denken steht dabei sinnbildlich auch für die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Kinder Gottes, die sich als solche auch zu verhalten haben. Problematisch wird dies in den Johannesbriefen dann jedoch mit Blick auf die Anderen, denn diese sind in der Gemeinschaft nicht mitgedacht.

Dominic Blauth ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche am Fachbereich Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main.