Auch auf die weitere souveräne Zurechtweisung durch seinen Schöpfer verfällt Hiob nicht in Sprachlosigkeit, sondern hält stand. Er wagt es zu reden, auch wenn er in dieser Vermessenheit schließlich auch seine eigene Schuld erkennt (42, 6). Wohlgemerkt: Schuldig zwar, aber nicht schuldig im Sinne seiner Freunde! Gott wird wenig später nur seinem aufrechten „Knecht Hiob“ sagen, dass der recht von ihm geredet habe. Im Gegensatz zu den Freunden, denen eine Buße auferlegt wird, allerdings keine an Leib und Leben, sondern nur ein Tieropfer nach damaliger Sitte. War es später schwierig, ein solches Buch in den Kanon der heiligen Schriften aufzunehmen? Ein Leser regte an, ob man nicht nach dem II. Weltkrieg dem Hiobbuch einen aktuellen Anhang geben sollte, um die Frage nach dem Warum dieses entsetzlichen Grauens unserer Zeit neu zu stellen und wie Hiob auszuhalten. Die aktuelle Situation der Flüchtlingsströme mit ihrem Elend und ihrer Verzweiflung führen in ähnliche Zweifel: Warum? Warum die? Warum gebietet Gott, erst recht der Gott der Liebe, nicht Einhalt?
Hiob wird wieder reich und gesund. Ein „Happy End“ in orientalischer Pracht. Die ganze Familie, sein Clan oder Stamm, tröstet Hiob und nicht nur das: Sie legen auch Geld zusammen, damit ein neuer Start gelingen kann, der – durch Gottes Segen begünstigt – vielfache Früchte trägt. So stirbt dieser Hiob, der später zu einem Symbol ehrlichen Glaubenskampfes werden sollte, alt und lebenssatt, wie es so wunderschön heißt. Das wünschen wir uns allen!
Der Sprung ins Neue Testament ist dieses Mal sehr krass. Denn es folgt die „stroherne Epistel“ – wie Luther diese Schrift der frühen Kirche nannte. Aber möglicherweise trifft dieser Eindruck ja nur für den ersten Blick zu. Wagen wir also einen neuen! Nicht zuletzt im ersten Testament erwiesen sich die Sprüche und Weisheitstexte, die für die heranwachsende Generation durchaus mit pädagogischen Hintergedanken geschrieben wurden, als lebendig und lesenswert.
Der Jakobusbrief enthält Spruchreihen oder -gruppen, er entfaltet keinen einheitlichen Gesamtzusammenhang. Er fordert eine tätige Frömmigkeit. Es kommt nicht auf das Hören, sondern auf das Tun an. Die berühmte Abhandlung über Glaube und Werke (2,14-26) bildet das Kernstück dieser ethisch ausgerichteten Schrift, die kein richtiger Brief ist. Der Name Jakobus kann sich wohl nur auf den Herrenbruder (Markus 6,3 und Parallelen) beziehen, auch wenn der kaum der direkte Verfasser sein dürfte. In der abendländischen Tradition ist San Iacobo der Schutzpatron gegen die Mauren geworden, weil er nach der Legende auf geheimnisvolle Weise sein endgültiges Grab in Santiago de Compostella, dem Ziel der Jakobspilger, gefunden haben soll.
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Woche vom 1. bis 7. November Sonntag: Psalm 22, 23-32 Montag: Ijob/Hiob 42,1-6 Dienstag: Ijob 42,7-9 Mittwoch: Ijob 42,10-17 Donnerstag: Jakobus 1,1-12 Freitag: Jakobus 1,13-18 Samstag: Jakobus 1,19-27