Diese Woche bietet uns eine Auswahl aus den Auseinandersetzungen, die Hiob mit seinen Freunden, aber auch direkt mit Gott führt. Die Heimat des Hiob, Uz, wird man wohl im heutigen Krisengebiet des IS suchen müssen. Er selbst ist damit kein Israelit, sondern ein Fremder. Der Gottesname, der verwendet wird, ist nicht „Jahwe“ (=„Ich werde sein, der ich sein werde!“ 2.Mose 3,14), sondern „Elohim“ (Mehrzahlbildung der Wurzel el/al = Gott; sinngemäß: Gottheit, oder: der Gott über allen Göttern), ein Begriff, der im Orient allgemein, also nicht nur im Hebräischen verwendet wird.
Die Frage nach dem Leid und seinen Ursachen ist auch ansonsten in etlichen Schriften des Kanons präsent: Etwa in Psalmen 1 und 37, 49 oder auch in Jeremia 15 und 20. Hiob und seine Freunde reden und ringen mit Leidenschaft um eine Antwort auf die Frage nach dem Grund und Sinn von Unglück und Leid. Was ist, wenn menschliche Weisheit am Ende ist und in die Verzweiflung führt? Die einzelnen Kapitel bringen dabei oftmals keinen Fortschritt in der Argumentation, keine Weiterentwicklung eines Gedankens oder einer Erkenntnis, also auch keine Lösung. Die Gedanken kreisen fassungslos um das, was vor Augen ist. Das ist nicht nur weitschweifiger, orientalischer Stil, sondern Kennzeichen menschlichen Denkens „im Gefängnis des Schmerzes und der Trauer“ zu allen Zeiten.
Die Freunde des Hiob vertreten dabei die jeweils gängigen Auffassungen ihrer Zeit. Sie haben traditionell etwa gelernt: Unglück ist Strafe für offene oder verborgene Schuld. Nur in dieser Richtung suchen sie ihre Erklärungen. Aber ihr überkommenes Wissen wird der realen Not nicht gerecht und stößt an Grenzen. Und das Schlimme: Sie merken es nicht!
Hiob führt aber nicht nur hilflose Gespräche mit seinen Freunden – und wohl auch mit sich selbst, sondern wendet sich scharf gegen Gott. Er klagt ihn an, hadert mit ihm. Bislang war Gott für ihn Schöpfer und Herr. Und es galt: Wer brav und anständig lebt, wird von ihm mit einem guten Leben belohnt. Aber nun erlebt er Gott regelrecht als Feind (6,4; auch 7,1 und 10,3 sowie 13,23) und wünscht sich den Tod, weil er den Sinn seines Unglücks nicht einsieht. Das Besondere an Hiob ist, dass er dennoch vor Gott bleibt, in Verzweiflung und Wut das „Du des Gebetes“ nicht aufgibt. Das Vertrauen zu Gott ist erschüttert, aber Hiob lässt ihn nicht los. Die Sehnsucht nach seinem Schöpfer kommt immer wieder durch (14,13 ff.). Mancher Glaubende späterer Zeiten, ob Jude oder auch Christ, hat das in schweren Nöten ähnlich erlebt: Man kann wohl gegen Gott leben, aber nicht ohne ihn.