Artikel teilen:

Die Bibel lesen

Woche vom 11. bis 17. Oktober Sonntag: Psalm 61 Montag: (Hiob) Ijob 1,1-12 Dienstag: Ijob 1,13-22 Mittwoch: Ijob 2,1-10 Donnerstag: Ijob 2,11-13 Freitag: Ijob 3,1-26 Samstag: Ijob 4,1-21

Das Buch Hiob – ein in der jüdischen Tradition kaum gelesenes Werk – wurde in der christlichen Geschichte ähnlich wie die Psalmen angenommen als ein reicher „Schatz wunderschöner religiöser Lyrik über Leben und Sterben, auch Glück und Leid“. Es wurde im Laufe der Zeit immer wieder verändert und erweitert. Die Rahmenhandlung von der Gerichtsverhandlung im Himmel ist insbesondere in der deutschen Literatur mehrmals behandelt worden. Goethes „Faust“ oder der Roman „Hiob“ von Joseph Roth sind nur zwei Beispiele.
Der Rahmen aber gehört nicht zum Urbestand des Buches. Er macht aber klar:  Ganz persönliches Leid kann und muss auch von einer ganz anderen Ebene betrachtet werden. Hiob als direkt Betroffener hat diese Sicht nicht. In Schmerz und Verzweiflung verengt sich sein Blick. Allerdings öffnet sich für den späteren Leser durch diese andere Sicht der Dinge von vorneherein der Blick in das Handeln Gottes, also die andere Perspektive.
Eine wichtige Rolle spielt dabei Satan. Er nimmt als einer der Gottesöhne im Himmel die Aufgabe eines Staatsanwaltes wahr. Er handelt also im Sinne der göttlichen Gerechtigkeit, wenn er seinen Anfangsverdacht überprüfen will. Der besteht darin, dass Hiob nur deswegen fromm ist, weil er im Wohlstand lebt. Satan ist hier kein Gegengott oder auch nur eine Gegenmacht, wie das in den dualistischen Religionen (Persien) behauptet wird. Der Satan ist noch nicht einmal ein Versucher oder Verlocker, kein Verwirrer oder Durcheinanderberinger – wie es die Griechen mit dem Begriff „diabolos“ zum Ausdruck bringen.
Und er verwaltet auch kein Schattenreich der Toten, keinen Hades oder gar eine Hölle, wo er Menschen durch grausame Folter für ihre Untaten bestraft – wie es sich das Mittelalter vorstellte. Genau genommen gehört Satan noch nicht einmal auf die Seite des Bösen, weil Gottes Allmacht auch nicht ansatzweise in Frage gestellt wird. Satan kann ermitteln, auf die Probe stellen, kritisch prüfen. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger. Der Mensch bleibt in jedem Fall das Geschöpf Gottes und nur ihm verantwortlich.
Dem leidenden Hiob ist dieser Rahmen verborgen! Und beim Lesen krampft sich mit diesem Wissen das Herz zusammen, wenn er die Wucht des Leides sieht und  vor der Frage steht: „Wie würdest du selbst dich in ähnlicher Lage verhalten?“ In dieser Situation treten die Freunde auf, und sie stellen die Fragen, die man dem Hiob gerne stellen würde. Im Angesicht des Elends verschlägt es ihnen allerdings zunächst die Sprache. Sie schweigen. Aber sie verschließen die Augen nicht. Und vor allem: Sie gehen nicht weg!