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Die Bibel lesen

Woche vom 20. bis 26. September Sonntag: Psalm 78, 56-72 Montag: Matthäus 19,13-15 Dienstag: Matthäus 19,16-26 Mittwoch: Matthäus 19,27-30 Donnerstag: Matthäus 20,1-16 Freitag: Matthäus 20,17-28 Samstag: Matthäus 20,29-34

Nach der damals wie heute sehr schwierigen Passage über Ehescheidung und Ehe überhaupt (wie in jenen Zeiten üblich nur aus der Sicht des Mannes!) folgt noch einmal die besondere Zuwendung Jesu zu den Kindern, schon immer die Hauptleidtragenden solcher Zerwürfnisse.

Zu den folgenreichsten Gleichnissen des Neuen Testaments gehört das vom reichen Jüngling. Gerade als die Urkirche unter Konstantin dem Großen (285-337) zur maßgebenden Religion wurde, hat in Ägypten Antonius diesen Abschnitt im Gottesdienst gehört und ganz auf sich persönlich bezogen – mit allen Konsequenzen! Er ist dadurch der „Vater des Mönchtums“ geworden, geradezu ein Gegenbild zur offiziellen Kirche. Aber was wäre das mittelalterliche Christentum ohne Mönchtum gewesen, das ja jene Vollkommenheit erstreben wollte, von der im Text die Rede ist? Wie sähe der „europäische Wertekanon“ aus, wenn nicht noch später (1182-1226) Franz von Assisi dieses biblische Armutsideal so leidenschaftlich bekräftigt hätte? Wie wäre der Reformator Martin Luther ohne die Auseinandersetzung mit dem Ordensleben zu der Gerechtigkeit vor Gott „sola gratia“ – allein aus Gnaden gekommen? Der Text „hat es“ auch für heute „in sich“. Ähnliches gilt für die Gleichniserzählung vom „gütigen Arbeitsherren“ (20, 1ff.) Die einen werden entlohnt nach dem, was „tariflich“ abgemacht ist, die anderen nach dem, was sie als Tagesbedarf (1 Silbergroschen=1 Denar, in etwa 50 Cent) für eine durchschnittliche Familie brauchen.
Die dritte und letzte Leidensankündigung wird mit der Rangfrage verbunden. Zwei Jünger wollen Vorrechte und Machtpositionen im Reich Gottes schon vorher„auskungeln“. Jesus lehnt das schroff ab: Ist euch die Passion, die dahin führt, wirklich bewusst? Bis heute gilt nach dem Jesuswort (20, 28) Arbeit in der Kirche als Dienst. Aber Machthierarchien und Postenschacher hat es im Laufe der Geschichte leider dennoch gegeben, auch wenn das Reden von den Ersten und Letzten (Vers 16) zu einem allgemeinen Sprichwort geworden ist.
Wie ein Warnsig­nal steht in Jericho die Heilung eines Blinden mit dem später in jedem Gottesdienst üblichen Ruf „Herr, erbarme dich! – Kyrie eleison!“ und dem „Herr, dass unsere Augen aufgetan würden!“ Hier geht es nicht (nur) um die Schilderung einer wunderbaren medizinischen Hilfe, sondern um einen dramatischen Weck- und Bußruf. Die Szene spielt nicht weit von jener Stelle, wo der Vorläufer Johannes Umkehr predigte und die Menschen taufte. Die Taufe als Symbol für den Leidensweg wird nicht umsonst, von einigen Handschriften, schon mit Vers 22-23 in Bezug gesetzt.