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Die Bibel lesen

Ein weiteres Stichwort rückt in den Mittelpunkt, wenn Paulus vom Frieden schreibt, vom Frieden (lateinisch: Pax) mit Gott! Denn Friede, auch mit der Wortbedeutung Gnade, Zuneigung (vergleiche 3,24 sowie 5,1-2), war ebenfalls als „Pax Romana“ ein Leitbegriff des römischen Staates. Der politische Ehrgeiz, die militärischen Anstrengungen und die Verwaltung, die sich dahinter verbargen, waren gewaltig. Aber es gab auch die andere, die unmenschliche und grausame Seite, die mit diesem Pax verbunden war. Das römische Bürgerrecht etwa hatten nur wenige, die Mehrheit der Gesellschaft bestand aus Unterworfenen oder aus rechtlosen Sklaven. Der Friede ruhte auf dem Schwert, das allen Widerstand brutal niederschlug. Dieser Friede hatte sich zudem inzwischen in sein Gegenteil verkehrt und das ganze „Welthaus“ (oikumene) in eine Schieflage gebracht und wurde von den meisten Menschen nur noch als Knüppel-Diktatur erlebt. Die Christen selbst hatten zu diesem Zeitpunkt (54) noch keine gezielten Verfolgungen erlebt, vor allem noch keine in den Ausmaßen etwa eines Nero, Decius oder Diokletian.

Vor diesem Hintergrund stellt der Apostel das Neue, Einzigartige des christlichen Glaubens dar: Es gibt in dieser Welt nur einen Gott (3,29), der alle richtet. Die Sünde war schon vor der Tora in der Welt. Der Vorzug der Juden besteht einzig darin, dass sie durch das Gesetz über ihre Gottlosigkeit nie im Unklaren waren (schon 3,20 und 5,20 u.a.). Im Grunde sind alle Menschen in der gleichen Situation. Darum richtet sich die Frohe Botschaft auch an alle Menschen, egal zu welchem Volk oder in welche Zeit sie gehören oder in welchem sozialen Stand sie sind. Auch wenn sich der Brief streckenweise wie eine „Abrechnung“ mit der jüdischen Frömmigkeit liest, findet sich an keiner Stelle auch nur der Hauch einer Abwertung der Tora oder des gesetzestreuen Bemühens um Gerechtigkeit. Es kommt allein auf den Glauben an. Der besteht nicht aus religiösem Wissen, sondern zeigt sich im Grundvertrauen, in welchem ein Mensch „sein ganzes Leben auf Gott wirft“ (Luther). Das war schon bei Abraham so. Dieser Glaube öffnet durch Christus das neue Leben für alle Menschen. Siegel (Sakrament) dieses neuen Bundes ist die Taufe. Das Element Wasser symbolisiert wie schon bei Noah und dem Zug der Israeliten durch das Meer den Weg vom Tod zum Leben, aus der Gefangenschaft in die Freiheit. Im Unterschied zur Beschneidung gibt es kein körperliches Zeichen, sondern eine symbolhafte Einbeziehung des Getauften in den Tod und damit auch in die Auferstehung Jesu.