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Die Bibel lesen

Woche vom 9. bis 15. September

Sonntag: Psalm 49
Montag:  Habakuk 2, 4-20
Dienstag: Habakuk 3, 1-19
Mittwoch: Prediger Salomo 1, 1–18
Donnerstag: Prediger Salomo 2, 1-11.24-26
Freitag: Prediger Salomo 3, 1-15
Samstag: Prediger Salomo 4, 1-12

An dichterischer Kraft und Schönheit der Sprache wird Zefanja noch übertroffen durch seinen Zeitgenossen mit dem merkwürdig Namen: Habakuk. Er ist ein nabi, also – anders als etwa der Landwirt Amos – einer der offiziellen Geistlichen des Jerusalemer Tempels. Das Habakuk-Buch hat einen besonderen Charakter. Auch hier sind offenbar die einzelnen Worte, Geschautes und Gehörtes, zu jeweils unterschiedlichen Gelegenheiten gesagt worden, ehe sie später zu einem Buch geordnet wurden. Möglicherweise war Habakuk ein Mystiker, der (2, 1) an besonderen Orten meditierte und „sich Gott aussetzte“ und Ant-„Wort“ erhielt. Unter den „Schicksalssprüchen“ findet man jedoch keine Gerichtsandrohung an das Volk; die Geißelung konkreter Sünden fehlt ebenso wie die Mahnung zur Umkehr. Alles klingt eher nach dem Klagelied eines Einzelnen mit zum Teil sehr persönlichem Klang. Die dichterische Schönheit mancher Stellen macht es schwer, sie konkreten politischen Ereignissen zuzuordnen. Die Zerstörung Ninives (612 v. Chr.) ist möglicherweise ein zeitlicher Anhaltspunkt.

Wie viele „Gerechte“, die ihre Umwelt mit Sorge und Angst, aber auch Entsetzen betrachten, fragt er sich: Warum lässt Gott das zu? Warum geht Gewalt vor Recht? Wie kann man als Einzelner und als Volk Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit in Einklang bringen mit dem, was an Unrecht in dieser Welt geschieht? Gewiss ist Habakuk unerschütterlich davon überzeugt, dass Gott auf einmalige Weise eingreifen wird, und deswegen schreibt er seine Worte auf „bis es geschieht“. Aber warum lässt Gott das Bösen so lange gewähren und warum haben die Gottlosen freie Hand? In dieser Spannung gilt: „…der Gerechte wird durch seinen Glauben leben“ (2,4) – wie Luther übersetzt. Treffender gibt wohl „Der zaddiq, der Rechtschaffene, wird durch seine (Glaubens-)Treue das Leben behalten“ den ursprünglichen Sinn wieder.

Paulus wird diesen Satz im Römerbrief (1,17) wieder aufnehmen und zu einem Schlüsselsatz seiner Verkündigung machen. Für Habakuk ist die Langmut Gottes ein Problem, und nicht nur für ihn: Wie ein roter Faden zieht sich diese Frage durch viele Psalmen; sie findet sich in eindrücklicher Form bei Hiob, im Exil, im Neuen Testament, und sie ist auch dem Glaubenden heute nicht fremd. Es gibt keine allgemein gültige Antwort darauf, aber es gibt die aus eigener Glaubensgewissheit gewonnene Kraft, gegen allen Widersinn und alle Rätsel die Hoffnung festzuhalten und auf Gottes Gerechtigkeit zu warten, um des Lebens willen.