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Die Bibel lesen

Woche vom 16. bis 22. August Sonntag: Psalm 113 Montag: Matthäus 11, 25-30 Dienstag: Matthäus 12,1-14 Mittwoch: Matthäus 12,15-21 Donnerstag: Matthäus 12,22-37 Freitag: Matthäus 12,38-45 Samstag: Matthäus 12,46-50

Der Heilandsruf (11,28-30) gehört ganz gewiss zu den Kernsätzen des Neuen Testamentes. Er ist die Einladung Jesu an alle Menschen, die unter den Lasten des Lebens leiden. Er gilt auch den Unmündigen, also den Kindern und denjenigen, die außerhalb der Menschenrechte leben. Die Weisen und Klugen müssen begreifen: Jesu Einladung kann man nur annehmen – ohne Vorbedingung, ohne Vorbehalt, ohne Preis, sogar ohne eigene Mühe. Dann wird diese Einladung auch nicht ohne Folgen, also ohne Werke und Taten bleiben, aber die ergeben sich erst dann, wenn diese erste Voraussetzung erfüllt ist. Das „Joch“, also die Verpflichtung, die sich daraus ergibt, wird angenehm und leicht, lebensfreundlich sein.

Das Ährenraufen am Sabbat (12,1-8) führt zu einer wichtigen Klarstellung. Einerseits wird bei Matthäus immer wieder betont, dass Jesus das alttestamentliche Gesetz ohne Abstriche gewahrt hat, und dass der erste Bund Gottes einschließlich der Verkündigung der Propheten in ihrem vollen Anspruch gültig und aktuell bleibt. Dennoch gibt es einen Unterschied. Denn die Zehn Gebote stehen nicht in gleicher Weise in ihrer göttlichen Autorität neben den Forderungen etwa des Kultus oder den Reinheits- und Speisegeboten. Auch wenn das Gebot zur Schaffung einer ruhigen, arbeitsfreien Zeit ursprünglich und in erster Linie ebenfalls eine Schutzfunktion hat, die Menschen also nicht etwa quälen oder in der Freiheit einengen will, so hat Jesus doch andere Prioritäten gesetzt als sie in der pharisäischen Frömmigkeit gefordert wurden. Es geht darum, den Sinn der göttlichen Gebote wieder zu entdecken. Für Jesus ist das Gebot der Liebe gegen Gott und gegen die Mitmenschen, einschließlich der Feinde, Kern und Stern des Gesetzes. Die Barmherzigkeit ist darum der Inbegriff des elementaren Gebotes der Nächsten- und Feindesliebe, und die ist im richtigen Leben nicht immer in Einklang zu bringen mit einer orthodoxen Kultgesetzlichkeit. Deren Regelungen haben klar zurückzustehen, wenn Menschen oder Tiere bedroht oder krank oder sonstwie auf Hilfe angewiesen sind.
Allerdings ist es auch hier so, dass Jesus damit keine neuen Ideen einführt. Er legt den ursprünglichen Sinn wieder offen. Diese Geschichte ist also alles andere als ein Freibrief, mit dem man den Ruhetag abschaffen könnte. Der Mensch braucht einen solchen Rhythmus von Arbeit und Muße, um als freies Geschöpf Gottes leben zu können, um er selbst bleiben zu können. Die Kirche hat später wegen der Auferstehung Jesu am ersten Tag der Woche den Tag des Feierns vom Sabbat auf den Sonntag verschoben, den Wochenrhythmus jedoch beibehalten.