Es geht weiter mit der Missions-, der Sendungsrede Jesu. Die Frohe Botschaft wird Menschen aller Zeiten vor eine schwere, aber auch unumgängliche, folgenreiche Entscheidung stellen. Beim Glauben geht es aber nicht um ein Zustimmen zu gewissen Erkenntnissen, gar um eine Ideologie, sondern um Annehmen, um das schlichte Gehorchen, wobei dieses nicht bedeutet, den eigenen Willen auszuschalten, sondern aus einem hörenden Herzen neu zu orientieren. Das ganze Leben wird Gott anheim gestellt, von ihm ergriffen, von ihm erfüllt.
Natürlich ist auch etwas von den Problemen und Erfahrungen der frühen Kirche zwischen den Zeilen zu spüren. Die Schwierigkeiten mit der römischen Obrigkeit, die Ablehnung durch das pharisäische Judentum, aber auch die Spannungen, die es sogar in den Familien geben würde, kamen zur Zeit Jesu zwar auch schon vor, aber sie waren noch nicht in der Form gegenwärtig wie zur Zeit des Matthäus.
Die Johannesanfrage wirft die Frage auf: Ist das Reich Gottes eigentlich durch Jesu Geburt bzw. sein öffentliches Wirken angefangen, oder wurde es von Jesus erst angekündigt, um am Ende der Tage, also bei seiner Wiederkunft Wirklichkeit zu werden? Anders gefragt: Hat Jesus selbst schon sein Kommen und Wirken als Wende verstanden, oder bloß als Vorgriff auf das Reich Gottes, das letztlich noch aussteht? Die Antwort in der Johannesfrage ist eindeutig: Dieses verheißene Reich Gottes in Jesus ist bereits da und wird nicht erst kommen. Gottes Reich ist für Jesus ganz offenbar keine jenseitige Hoffnung, sondern vielmehr eine für alle offene Einladung zum Neuanfang im realen Leben. Und Gottes Reich verwirklicht sich dadurch, dass sich Menschen, wir, auf diese Einladung einlassen. Hier und jetzt. Die Auffassung, ob Gottes Reich grundsätzlich schon da ist, und das heißt ja auch, schon jetzt gelebt werden kann und soll, und die andere Auffassung, dass Gottes Reich zwar angekündigt ist, aber grundsätzlich noch aussteht, und also darum jetzt noch gar nicht gelebt werden kann, ist für das Verhalten der jeweiligen Gemeinde von hoher Bedeutung und hat Auswirkungen auf das Verständnis des Todes Jesu am Kreuz und auf das Verständnis des Abendmahls und der Taufe. Christen haben beide Positionen eingenommen, oft genug sind sie gegeneinander ins Feld geführt worden. Aber schließen sie sich aus? Ist es nicht vielmehr eine Frage der Zusammenschau von dem, was jetzt schon ist, und dem, was noch nicht ist, was also noch aussteht?