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Die Bibel lesen

Woche vom 7. bis 13. Mai

Sonntag:    Psalm 19
Montag:     Joel 1, 1-20
Dienstag:     Joel 2, 1-11
Mittwoch:     Joel 2, 12-17
Donnerstag:     Joel 2, 18-27
Freitag:     Joel 3, 1-5
Samstag:     Joel 4, 1-21

Früher war man der Auffassung, das kurze Buch Joel (=Jahwe ist Gott) sei sehr alt, vielleicht das älteste Prophetenbuch überhaupt. Mit ziemlicher Sicherheit jedoch gehört die undatierte Schrift in die Zeit nach dem Exil und nach dem Wiederaufbau des Tempels durch Esra und Nehemia, frühestens 445 vor Christus. Wahrscheinlich aber ist es noch später in einer Zeit religiöser Ermüdung oder gar Erstarrung entstanden.
Esra hatte das „Gesetz des Gottes des Himmels“ als für alle Juden verbindliche Richtschnur des Glaubens und Lebens eingeführt. Vermutlich ist das der Pentateuch, auf jeden Fall ein sehr detaillierter schriftlicher Maßstab, der für das freie und oftmals „ungebärdige“ Prophetentum der Frühzeit keinen rechten Raum mehr bot. Es gab inzwischen offizielle, fast möchte man sagen: Amts-Propheten, die mit der Leidenschaft etwa eines Jeremia oder Jesaja nichts mehr gemein hatten.
Luther lässt in 1,4 und 2,25 den Sinn nicht klar erkennen. Er nennt vier Tierarten (Raupen, Heuschrecken, Käfer und Geschmeiß), tatsächlich aber handelt es sich um vier unterschiedliche Bezeichnungen für Heuschrecken, also etwa Säbler (die mit ihren Mundwerkzeugen alles absäbeln), Heuschrecke, Abfresser, Verwüster. Heuschreckenzüge sind in jenen Breiten eine grausame und gefürchtete Plage. Wenn sie in eine Oase oder Plantage einfallen, sieht es dort aus wie nach einem Buschfeuer, alles ist ratzekahl abgefressen, entsetzlich. Auch heute noch leuchtet es dem europäischen Besucher unmittelbar ein, dass das als eine Gottesplage und nicht zuletzt als ein Anzeichen des bevorstehenden Weltendes gedeutet wurde. Die mythisch klingende Schilderung in 2,4-9 ist von Betroffenen durchaus real zu verstehen wie aktuell im Sudan, denn wie sollte es für eine Familie oder einen Stamm weitergehen, wenn die ganze Ernte vernichtet ist und auch der Regen ausbleibt? Heute gibt es immerhin Hilfsorganisationen, die nach Kräften helfen, manchmal buchstäblich nur wie Tropfen auf einem heißen Stein, aber damals?
Das vierte Kapitel handelt von einem Strafgericht über alle Völker. Juda fühlt sich zwar als hilfloser Spielball aller irdischen (Groß)-Mächte, aber es sieht sich ebenfalls durch seinen Bund in der Hand dessen, der dieses Weltgeschehen in seiner Hand hält. Kurz zuvor findet sich in dem Zusammenhang sogar ein „Botenspruch“(4,10), der in bewusster Umkehrung von Jesaja 2,4 dazu aufruft, im heiligen Krieg (!) die Ackergeräte zu Waffen umzuschmieden. Eine heute beängstigende Vorstellung, die so gar nicht zu den wunderschönen Sätzen des Kapitel 3 passen will: Ich will meinen Geist ausgießen über alle!