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Der Ton zwischen Mexiko und den USA wird rauer

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum weist Vorwürfe aus den USA zurück, sie stachele die aktuellen Proteste in den Vereinigten Staaten an. Doch einige Äußerungen von ihr werfen Fragen auf.

Die teils gewaltsamen Proteste in Los Angeles gegen die Abschiebepolitik der Regierung von US-Präsident Donald Trump belasten das angespannte Verhältnis zwischen Mexiko und den USA zusätzlich. Mexikos linksgerichtete Präsidentin Claudia Sheinbaum wies nun Vorwürfe zurück, sie habe Unruhen im Nachbarland angestachelt. Das sei “absolut falsch”, versicherte sie.

Die Bezichtigung kam von US-Heimatschutzministerin Kristi Noem. “Claudia Sheinbaum hat sich zu Wort gemeldet und zu weiteren Protesten in L.A. aufgerufen – und dafür verurteile ich sie”, hatte Noem gesagt. Die Ministerin rief die Staatschefin zur Ordnung und forderte sie auf, die Spannungen nicht weiter zu verschärfen.

Tatsächlich hatte Sheinbaum vor gut zweieinhalb Wochen bei einem anderen Streitthema zu Mobilisierung aufgerufen. Dabei ging es um Gebühren auf Auslandsüberweisungen aus den USA nach Lateinamerika. Diese “Remesas” sind inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die lateinamerikanischen Staaten. Die Rücküberweisungen bewahren Millionen Familien vor einem Abrutschen in die extreme Armut. Nach Mexiko wurden so 2024 laut Schätzungen der Zentralbank rund 68 Milliarden US-Dollar geschickt. Das Thema besitzt also soziale Sprengkraft. Und bei den jüngsten Ausschreitungen in Los Angeles waren etliche mexikanische Flaggen zu sehen.

Völlig aus der Luft gegriffen sind Noems Vorwürfe also nicht. Sheinbaum hatte am 24. Mai erklärt: “Wir haben unsere Landsleute dort aufgerufen, (…) Briefe, E-Mails und Nachrichten in den Sozialen Netzwerken an die Senatoren zu schicken (…), um ihnen mitzuteilen, dass wir damit nicht einverstanden sind.” Die Mexikaner seien solidarisch; viele von ihnen hätten sogar die doppelte Staatsbürgerschaft und unterstützten weiter ihre Familien in der alten Heimat.

Sheinbaum fügte hinzu, wie auf der Website des mexikanischen Präsidialamtes zu lesen ist, dass ihre Regierung über den Fortgang des Sachverhalts informieren werde. “Wenn nötig, werden wir für eine Mobilisierung sorgen, denn wir wollen keine Steuern auf Überweisungen unserer Landsleute aus den Vereinigten Staaten nach Mexiko, die den Bedürftigsten helfen”, sagte die Regierungschefin bei einer öffentlichen Veranstaltung. Ob das nun ein Aufruf zu Protesten mexikanischer Migranten in den USA war, bleibt Interpretationssache.

Schlechte Nachrichten für Sheinbaum kommen derweil aus der Wirtschaft: Der US-Konzern General Motors kündigte an, die Produktion zweier Automodelle von Mexiko in die USA zu verlagern. In den nächsten vier Jahren würden vier Milliarden Dollar in drei US-Werke investiert – zu Lasten der Produktion in den mexikanischen Werken Ramos Arizpe und San Luis Potosí. Das dürfte ganz im Sinn von Präsident Trump sein, der mit seiner Zollpolitik gezielte Anreize für solche Verlagerungen bietet. Den Hebel Wirtschaft nutzt er allzu gern bei Konflikten mit den Regierungen anderer Staaten.

Die katholischen Bischöfe in Mexiko beobachten genau, wie sich das in vielerlei Hinsicht striktere Vorgehen des nördlichen Nachbarn auswirkt. Der für die Migration zuständige Bischof Eugenio Lira Rugarcía berichtete zuletzt über das Phänomen einer “umgekehrten Migration”. Derzeit finde eine Rückwanderung statt, da viele Migranten sowohl aus Nordamerika als auch aus Mexiko freiwillig in ihre Heimatländer zurückkehrten oder abgeschoben würden. Das führe zu einem spürbaren Rückgang in den kirchlichen Migrantenunterkünften. “Wo früher bis zu 500 Menschen aufgenommen wurden, sind es jetzt durchschnittlich 30 oder 40”, so der Bischof. “Aber nur für ein paar Stunden, da die Migranten so schnell wie möglich weiterziehen wollen.”