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Der Sehnsucht auf der Spur

Sich fortbewegen – aus eigener Kraft: Das Fahrrad ist ein gutes Mittel, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Das bringt Bewegung in den Alltag. Auch für den Urlaub eignet sich das Rad – eine längere Tour kann neue Perspektiven eröffnen

Jens Schulze

Wer mit dem Fahrrad fährt, tut Gutes. Zum einen der Umwelt, denn ein Fahrradfahrer stößt mit seinem Fahrzeug kein CO2 oder Rußpartikel aus, er verbraucht keine fossilen Energien und macht keinen Lärm. Radwege benötigen nicht so viel Platz wie Autobahnen und schonen dadurch zusätzlich die Umwelt. Gleichzeitig tut der Fahrradfahrer etwas für sich: Radfahren ist sehr gesund, gelenkschonend und hilft Herz und Kreislauf.

Mit dem Rad lernt man Gegenden neu kennen

Dabei kann man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und erlebt positive Effekte bereits bei kurzen Strecken zum Einkaufen, auf dem Weg zur Arbeit oder zum Bahnhof. In vielen Gegenden gibt es gut ausgeschilderte Radwege, die einem helfen, auf meist schönen Strecken ans Ziel zu kommen. Viele Radwege führen auf Nebenstrecken, wo wenig oder keine Autos fahren.

Oft geht es auch über spezielle Wege, die für Autos nicht befahrbar sind, entlang an Flüssen und Kanälen und durch Wälder und Parks. Wer das Rad nimmt, kann neue Wege entdecken, Gegenden erfahren, die man vorher noch nie gesehen hat und die eigene Stadt aus einer anderen Perspektive kennenlernen. Da Radeln oft bedeutet, etwas langsamer unterwegs zu sein als mit dem Auto oder der Bahn, nimmt man die Umwelt um einen herum ganz anders wahr. Man kann sehen, was am Wegrand wächst, man hat Gelegenheit, die Umgebung in Ruhe zu betrachten. So kann jede noch so kleine Strecke eine Möglichkeit sein, sich von der gewohnten Sicht der Dinge zu lösen.

Etwas aus einem anderen Blickwinkel anzuschauen, kann schon der Beginn einer geistlichen Übung sein. Wer einen Blick in die Bibel wirft, kann entdecken, dass Gott immer wieder dazu aufruft, den Alltag und das Leben aus einer anderen Perspektive anzuschauen. Mit dem Fahrrad zu fahren, kann dabei helfen: Ein anderes Tempo, ungewohnte Strecken und die körperliche Aktivität können dazu beitragen, den Alltag neu zu bewerten.

Noch deutlicher wird das, wenn man einmal für mehrere Tage mit dem Drahtesel auf Tour ist. Wer kilometerweit übers Land fährt, erfährt im wahrsten Sinne des Wortes, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, der Leib und Seele ist. Der kann spüren, wie gut es tut, kraftvoll in die Pedale treten zu können und wie herausfordernd es sein kann, am Berg absteigen zu müssen, um das Fahrrad zu schieben. Man lernt sich selbst neu kennen mit den Fähigkeiten, die in einem schlummern, im Alltag jedoch vielleicht zu selten gebraucht werden. Kilometer um Kilometer lässt man hinter sich, was einen im Alltag beschäftigt. Der Kopf wird freier für das, was einen angeht und was einen im Tiefsten betrifft. So kann einem nach dem Tag auf dem Rad plötzlich klar sein, was man wirklich braucht, damit es einem gut geht.

Wer auf dem Rad unterwegs ist, kommt seinen Sehnsüchten leichter auf die Spur. Denn ein Ziel in weiterer Entfernung will gut ausgewählt sein, weil jeder Umweg und jede Abweichung am Ende des Tages in den Knochen zu spüren sind. Und so kann auch für die Lebensplanung die Frage leitend werden: Will ich eigentlich wirklich dahin?

Das Radeln als Draht zu Gott nutzen

Wer tagelang mit dem Rad unterwegs ist, kann erleben, wie klein der Mensch in der Natur ist. Und wie abhängig von ihr. Wer einen ganzen Tag lang gegen den Wind antritt, merkt deutlich, wie unendlich viel größer die Schöpfung ist. Wer nach einer Fahrt durch den Regen endlich im Trockenen ankommt, dem wird klar, wie verletzlich und schutzbedürftig der Mensch im Grunde ist. Und das Ankommen am Ziel – egal, wie nah oder fern – kann bedeuten: Ich habe etwas aus eigener Kraft geschafft. Ich habe das Ziel erreicht.

So kann eine Radtour zu einer geistlichen Übung werden, die dabei hilft, das eigene Leben und Sein mit anderen Augen zu betrachten und tiefer zu dem vorzudringen, was wesentlich für einen selbst ist.