Am Anfang steht Sam Porter Bridges in einer Wüstenlandschaft, er trägt ein Baby in einem Tragetuch vor seiner Brust. Bis an den Horizont ziehen sich zerklüftete, karge Hügelketten, sie wirken ausgestorben. Und doch wohnen hier Menschen. Die Aufgabe von Bridges ist es, sie zu finden, zu verbinden und Brücken zwischen ihnen zu bauen. All das geschieht im Spiel „Death Stranding 2: On the Beach“, das jetzt erhältlich ist.
Der von „Walking Dead“-Star Norman Reedus gespielte Bridges ist Protagonist in „Death Stranding 2“, dem neuen Spiel der japanischen Entwicklerlegende Hideo Kojima. Reedus ist nicht der einzige bekannte Filmschaffende, dessen Äußeres in das Spiel gescannt wurde. Dabei sind auch Elle Fanning, Guillermo del Toro und „Mad Max“-Regisseur George Miller.
Diese Auftritte sind keine effektheischenden Momente, sondern Zeichen gegenseitiger Wertschätzung. Schließlich lotet der seit Mitte der 1980er-Jahre aktive Kojima mit seinen Werken die Verbindung zwischen Film und Spiel aus und schafft damit Werke, die nicht nur spielerisch Spaß machen, sondern auch zum Nachdenken anregen.
Die Verknüpfung von Spiel und Film war auch Thema einer Diskussion mit dem Hamburger Regisseur Fatih Akin („Gegen die Wand“), auf einer Veranstaltung beim Filmfest in Cannes. Mit ihm ist der Japaner seit Langem befreundet. Kein Wunder, dass auch Akin in „Death Stranding 2“ auftaucht, als Puppe, die den Protagonisten bei seinen Wanderungen durch die Welt begleitet.
„Ich habe Hideo Kojimas Spiele über meine Kinder kennengelernt“, sagte Akin in Cannes. „Jetzt bin ich stolz darauf, in einem seiner Werke aufzutauchen. Das bedeutet mir mehr als eine goldene Palme in Cannes“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu. Für Kojima ist es im Gegenzug eine Ehre, in Cannes aufzutreten. Der 62-Jährige scheint sich hier wohler zu fühlen als auf Spielemessen.
Auch in „Death Stranding 2“ wandelt er zwischen den Welten. So wechseln sich ausgedehnte Wanderungen, kurze Kämpfe und lange Filmsequenzen, in denen die Geschichte vorangebracht wird, ab. Letztere sind eines seiner Markenzeichen, Anspielungen und Querverweise auf andere.
Wie kaum ein anderer schafft es Kojima, ins Denken der Spielenden einzudringen. Seine Werke stellen Fragen, indem sie Raum schaffen, Ruhe geben, bevor es wieder kurz in Actionsequenzen geht. Fast wie auf Pilgerwanderungen können Spielende einfach durch die Landschaft wandern, sich Fragen über die leere Welt stellen. Fragmente einer Geschichte setzen sich langsam zu einem Bild zusammen, verknüpfen sich mit eigenen Gedanken und machen vor allem neugierig darauf, weiterzuspielen.
Schon am Anfang, der im Grenzland zwischen den USA und Mexiko stattfindet, fällt es schwer, nicht an den menschenfeindlichen Kampf gegen Flüchtende zu denken, der dort stattfindet. Gerade wenn der Weg lange an einem hohen Zaun entlang führt, der beide Länder auch im Spiel voneinander trennt. Wenn das Setting des Spiels im späteren Verlauf nach Australien wechselt, kommen „Mad Max“-Anspielungen auf, erkunden Spielende ein Territorium, das aufgeladen ist mit mystischen Ideen und Endzeitphantasien.
Durch alle Zerstörung des Planeten und der Menschheit aber trägt „Death Stranding 2“ eine Botschaft der Hoffnung. Immer geht es darum, Menschen zu verbinden, Brücken zu bauen, Verbindungen zwischen den Siedlungen zu schaffen, gemeinsam etwas aufzubauen, gegen die Einsamkeit anzugehen. Seien es Straßen, die gebaut werden, Menschen, die aus ihrer Verzweiflung geholt werden oder schlicht die Verbindung zwischen Sam Porter Bridges und dem mit ihm verbundenen Baby. Wir Menschen, so scheint Kojima zu sagen, müssen zusammenarbeiten. Sonst verkümmern wir.