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Der Augsburger Kaufmann, der halb Europa dominierte

Statt „Reich wie Krösus“ hätte sich auch leicht die Redewendung „Reich wie Jakob Fugger“ im deutschen Sprachgebrauch entwickeln können. In so gut wie jeder Liste der reichsten Menschen in der Geschichte taucht neben dem letzten König von Lydien auch der Augsburger Kaufmann auf, der wegen seines gewaltigen Vermögens den Beinamen „der Reiche“ erhielt. Jakob Fugger (1459-1525) machte aus einem Familienunternehmen ein internationales Handelsimperium und eine Bank für Könige und Päpste, auch politisch zog er die Strippen an mehreren Höfen Europas und hatte Einfluss bis in den Vatikan. In diesem Jahr jährt sich sein Todestag zum 500. Mal: Er starb am 30. Dezember 1525.

Fuggers Erbe wirkt bis heute in seiner Heimatstadt. Läuft man durch Augsburg, trifft man an vielen Brunnen, Gebäuden und Kirchen auf die Lilie – das Wappenbild der Familienlinie „Fugger von der Lilie“, der auch Jakob entsprang. Ein bekanntes Touristenziel ist die 1521 von Jakob Fugger gestiftete und bis heute bestehende Fuggerei – eine der ältesten Sozialsiedlungen der Welt. Laut den Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Stiftungen leben heute rund 150 bedürftige katholische Augsburgerinnen und Augsburger in den beschaulichen kleinen Häusern. Als Kaltmiete müssen sie im Jahr 88 Cent zahlen, ein Betrag, der sich an der ursprünglichen Miete von einem Rheinischen Gulden orientiert. Dazu kommt, dreimal täglich für das Seelenheil Jakob Fuggers und das seiner Familie zu beten: Vaterunser, Ave Maria, Glaubensbekenntnis.

Die Ursprungsidee für die Fuggerei war, von Armut bedrohte Augsburger übergangsweise zu unterstützen, bis diese wirtschaftlich wieder auf eigenen Füßen standen – ganz nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Sich ums Gemeinwohl zu kümmern, habe damals in Adelskreisen zum guten Ton gehört, sagt der Experte für Augsburger Stadtgeschichte und Leiter des Augsburger context Verlags, Martin Kluger. Letztlich sei es Jakob Fugger aber vor allem um sein eigenes Seelenheil gegangen. „Jakob Fugger wollte sich einen Platz im Himmel sichern.“ Sein Glaube: Je mehr Fürbitten und Gebete es für ihn gebe, desto schneller entkomme er dem Fegefeuer, das nach damaliger Auffassung Kaufleuten wegen ihres Gewinnstrebens bevorstand.

Doch wie gelang es Jakob Fugger, im ausgehenden Mittelalter einen nach heutigen Maßstäben weltweiten Konzern zu schaffen, der sich von Portugal und Spanien über den deutschen Sprachraum und Italien bis nach Ungarn erstreckte? „Jakob Fugger war ein begnadeter Netzwerker“, sagt Martin Kluger. Den Grundstein des Familienunternehmens legte bereits sein Großvater, der Webermeister Hans Fugger. Jakob Fugger sei also in ein florierendes Unternehmen und in die gehobene Augsburger Schicht hineingeboren worden, sagt Kluger. Als Jugendlicher habe er eine Kaufmanns-Ausbildung in der damaligen Handelsmetropole Venedig genossen, woher wohl auch Jakob Fuggers Vorliebe für die italienische Renaissance herrührt.

1510 übernahm Jakob nach dem Tod seiner Brüder Ulrich und Georg die alleinige Leitung des Familienunternehmens. Die Firmenpolitik, das über ganz Europa verzweigte Haus Habsburg mit den Kaisern Maximilian I. und Karl V. zu unterstützen, behielt er bei.

Die Fugger hätten vor allem aus wirtschaftlichen Interessen den Habsburgern großzügige Kredite gewährt, denn diese seien als Rechteinhaber am Bergbau Türöffner zu den begehrten Bergwerken gewesen, sagt Kluger. Vor allem Silber und Kupfer, nicht zuletzt das in Spanien abgebaute Quecksilber und Zinnobererz, seien im frühen 16. Jahrhundert zunehmend wichtiger geworden für die Herstellung von Münzen und Waffen sowie für den Schiffs- und Instrumentenbau. Kirchendächer und die Dächer von Stadtpalästen seien mit Kupfer gedeckt worden.

Die Fugger waren am Kolonialismus beteiligt. Wichtige Handelsrouten der Fugger reichten per Schiff über das südliche Afrika oder über die arabische Route bis nach Indien. Auch Mittelamerika hatten sie im Visier. Bei diesen „exotischen“ Routen sei es vor allem um Luxuswaren gegangen, aber auch um das südamerikanische Guajakholz, das als Heilmittel gegen die grassierende Syphilis gegolten habe, sagt Kluger. Verglichen wird Jakob Fugger heute gern mit dem Unternehmer und Milliardär Elon Musk. Ein Vergleich, der wegen des enormen Reichtums und politischen Einflusses beider Männer ganz gut passe, sagt Kluger. Die Fugger hätten Kaiser, Könige und Päpste mit Krediten versorgt – und so die europäische Politik mitbestimmt.

Am 30. Dezember 1525 starb Jakob Fugger. Bestattet liegt er neben seinen beiden Brüdern Georg und Ulrich in der Gruft der Fuggerkapelle in St. Anna, die Jakob Fugger ab 1509 als Familiengrabstätte bauen ließ. Fertiggestellt wurde die Kapelle in den Wirren der Reformation. Sehr zum Missfallen von Jakob Fugger, der „ganz wider die Lutherei“ gewesen sei, heißt es auf der Homepage von St. Anna. Am 25. Dezember 1525 – also nur fünf Tage vor Fuggers Tod – wurde in St. Anna das erste evangelische Abendmahl gefeiert, erklärt der evangelische Pfarrer von St. Anna, der Augsburger Dekan Frank Kreiselmeier. Der strenggläubige Katholik und Reformationsgegner Jakob Fugger fand seine letzte Ruhe in evangelischer Umgebung, auch wenn die Fuggerkapelle selbst bis heute katholisch ist.