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Denn sie hatten keinen Raum in der Herberge
HATTINGEN – Es könnte ein Weihnachtsbild sein, das Foto des zehn Tage alten Flüchtlingsjungen, der schlafend in der Kirche der Evangelischen Kirchengemeinde Winz-Baak liegt – wie ein Sinnbild für gelebte Nächstenliebe in der Nachfolge Jesu. 50 Flüchtlinge haben in der Kirche Unterschlupf gefunden. Altar und Gestühl wurden beiseite geschoben, Feldbetten aufgestellt, Spielzeug und Kleider gesammelt. Nun schlafen hier syrische, irakische und kurdische Familien unter dem Kreuz. Nur zwei Tage zuvor bekam die Gemeinde einen Anruf der städtischen Sozialdezernentin. Für die 50 Personen würde händeringend Raum gesucht, bis andere Unterbringungen zur Verfügung stünden. Die Presbyterinnen und Presbyter der Gemeinde stimmten nach intensiver Beratung mit Pfarrer Bodo Steinhauer noch am selben Tag einstimmig ab – und ermöglichten so einen offenbar in Nordrhein-Westfalen bislang einmaligen Vorgang: Die Unterbringung von Menschen in einer genutzten Kirche. Während sich die Flüchtlinge so gut es geht in dem Raum einrichten, in dem sonst Gottesdienste gefeiert werden, geht das Gemeindeleben weiter. Die Verlegung des Gottesdienstes an andere Orte, etwa ins Gemeindehaus, ist in Winz-Baak kein Tabu; und auch die katholischen Geschwister haben schon ihre Kirche als Predigtstätte angeboten. Wie lange dieses Provisorium halten muss – das weiß momentan keiner. In Winz-Baak machen sie das Beste aus der Situation. Pfarrer Bodo Steinhauer nimmt das gelassen hin: „Für unsere Gäste ist die Ungewissheit doch viel schlimmer als für uns.“ UK
