Thema Homosexualität im Konfi-Unterricht? Ja, meint Pfarrer Stefan Salzmann von der Evangelischen Kirchengemeinde Gütersloh, Region Süd. Er hat in seinem Bezirk gute Erfahrungen damit gemacht: „Es ist für die Konfis anfangs etwas fremd, aber in der Liste der beliebtesten Themen steht es am Ende immer ganz oben.“ Sein Grundgedanke: „Wir wollen den Jugendlichen vermitteln, dass sie im Tiefsten von Gott bejaht und angenommen sind, egal, wie und wen sie lieben. Homosexualität heißt nicht: Ich bin nicht richtig!“
Einen 3-Stunden-Workshop widmet Salzmann in jedem Konfi-Jahr der Frage nach anderen Lebens- und Liebesformen. Dafür arbeitet er mit dem „Schlau“-Projekt zusammen, dem „schwul lesbisch bi trans* Aufklärungsprojekt für Schulklassen und Jugendgruppen“, das auch vom Land NRW unterstützt wird. Er selbst ist nicht dabei, wenn die Jugendlichen ihre Fragen stellen; stattdessen übernehmen junge Erwachsene, die selbst schwul oder lesbisch sind, die Gruppenstunde. „Die kommen meist ziemlich cool rüber und finden daher leicht Zugang zu den Konfis“, ist seine Erfahrung. „Sowieso ist persönliche Begegnung immer der Schlüssel zu einem besseren Verständnis füreinander.“
Die Idee für die Einheit zum Thema Homosexualität hatte Salzmann, als die neu gegründete BEFAH-Gruppe (s. Artikel oben) in der Gemeinde nach einem Raum fragte. „Da habe ich mitbekommen, wie dramatisch das für Jugendliche ist, wenn sie entdecken, dass sie anders lieben“, erzählt er. Statistiker gehen davon aus, dass etwa sieben Prozent der Bevölkerung sich vom gleichen Geschlecht angezogen fühlen. „Damit wäre statistisch gesehen in jeder Konfi-Gruppe einer oder eine betroffen“, so Salzmann.
Die Jugendlichen können ihre Fragen offen stellen. Wer manchen Themen lieber ausweichen möchte, kann den Raum auch verlassen. Meistens aber sind die Konfis sehr interessiert, geht es doch um Fragen der sexuellen Identität, die für sie ohnehin gerade brennend sind. Natürlich wird dabei auch der Umgang mit Anderssein angesprochen. „Schwul ist das zweithäufigste Schimpfwort unter Jugendlichen“, sagt Pfarrer Salzmann. „Durch die Begegnungen bekommen sie hoffentlich ein besseres Gespür für die vielen subtilen Diskriminierungen, die es immer noch gibt.“ Dann reagieren sie auch sensibler auf Beschimpfungen wie „schwul“.
Seit 2012 steht der „Schlau“-Workshop jetzt auf dem Konfi-Plan des Matthäus-Bezirks in Gütersloh. Im Vorfeld informiert der Pfarrer jeweils die Eltern. „In der Regel stößt das auf positive Resonanz“, hat er beobachtet. Mit Vätern oder Müttern, die Schwierigkeit haben, ihre Kinder an der Unterrichtseinheit teilnehmen zu lassen, versucht er Gespräche zu führen und für Toleranz zu werben.
In der Gemeinde ist das Thema inzwischen gut verwurzelt, meint Salzmann – auch, weil die Mütter und Väter der BEFAH-Gruppe mit ihrem Engagement Türen geöffnet haben. Dreimal gab es Gottesdienste, die mit schwulen und lesbischen Menschen gemeinsam gestaltet wurden; für „Schlau“ werden Kollekten gesammelt, und das Ehepaar Kerkhoff hat im Bezirksausschuss über seine Erfahrungen berichtet.
Salzmann kennt inzwischen eine ganze Zahl von betroffenen Eltern, die sich scheuen, öffentlich zur Homosexualität ihrer Kinder zu stehen. „Die sind sehr dankbar dafür, dass wir so offen damit umgehen.“ Und auch für eine Gemeinde sei es ein gutes Zeichen, wenn sie eine Kultur der Toleranz und Akzeptanz signali-
siere, meint der Pfarrer.
• Informationen im Internet: www.schlau.nrw.