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Damals wie heute

Kalt war es in der neuen Heimat. Ganz anders als das angenehme Klima, das sie bisher gewohnt waren, vor ihrer Vertreibung. Die geschenkten Kleider halfen zwar gegen das Schlimmste, aber was würde werden, wenn sie zerschlissen waren? Neue würde es nicht mehr umsonst geben, genauso wenig wie eine Wohnung oder etwas zu essen. Die Zukunft sah düster aus.

Das Beispiel klingt wie ein aktuelles Flüchtlingsschicksal, ist aber so alt wie die Menschheit selbst: Adam und Eva – es ging ihnen damals nicht besser als Millionen heute. Ihre Erfahrungen von Vertreibung und Heimatlosigkeit stellt die Bibel ganz an den Anfang ihrer Erzählungen von Gott und Mensch, so, als wäre das eine menschliche Grunderfahrung.

Ob das daran liegt, dass die Geschichte Israels seit ihren Ursprüngen durchzogen ist von „Migrationsschicksalen“, wie wir heute sagen würden? Schon Abraham und Sara verließen ihre Heimat auf der Suche nach dem Gelobten Land, und die nachfolgenden Generationen taten es ihnen jahrhundertelang mehr oder weniger freiwillig nach. Theologie und Gesetzgebung des Alten Testaments sind davon geprägt (siehe Seite 2). Berichtet wird von den Hoffnungen und Erfolgen der Migranten, aber auch von Verzweiflung, Auflehnung und Resignation.
Die Antwort des Glaubens besteht aus zwei Teilen: „Ob ich auch wanderte im finsteren Tal, so fürchte ich mich nicht, denn du bist bei mir“ (Psalm 23) – ein Vers, von dessen Strahlkraft auch Vertriebene der älteren Generation immer wieder berichten. Und: Liebe auch den Fremden wie dich selbst – gerade weil du weißt, wie schwer es ist, sich im Exil zurechtzufinden. Das gilt damals wie heute.