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Da wird ihr geholfen

Eine Geschichte im Alten Testament hat mich schon als Kind nachhaltig beeindruckt. Abraham feilscht mit Gott, um Sodom und Gomorra vor dem Untergang zu retten – und damit die Familie seines Neffen Lot. Kühn handelt er den Herrn immer weiter herunter. 50 Gerechte, 45 Gerecht, 40. Bis auf zehn kommen sie.
Dass es am Ende nicht gereicht hat, Schwamm drüber. Aber den Versuch fand ich ehrenwert.
Wenn man heute die Nachrichten schaut oder sich in sozialen Netzwerken tummelt, könnte man leicht zu dem Schluss kommen, dass Abraham es heute sehr schwer hätte, seinen Gott von der Menschheit zu überzeugen. Das soziale Klima wird kälter, der Egoismus nimmt zu.

Das war in letzter Zeit zunehmend mein Eindruck, bis ich bei einer Zugfahrt mit einer Frau ins Gespräch kam, ungefähr in meinem Alter. Mühselig war sie unterwegs. Zwei Gehhilfen in einer Hand und dazu einen Koffer.
„Sie glauben gar nicht, wie sehr mir geholfen wird“, weiß sie zu berichten. Immer finden sich Mitreisende, die ihren Koffer in und aus den Zug stellen. Die ihn ihr über den Bahnsteig ziehen. Ihn die Treppe hinuntertragen, wenn der Aufzug nicht funktioniert.  
Sie kommt richtig ins Schwärmen, als sie mir das erzählt. Und sie betont, dass diese Hilfe von allen möglichen Leuten angeboten wird. Mann und Frau, Jung und Alt, Bahnangestellte und Reisende, Deutsche und Zugewanderte. Alle freiwillig, freundlich, mit einem Lächeln auf den Lippen.
Während ich ihr so zuhöre, wird mir warm ums Herz. So schlecht sieht es also gar nicht aus mit uns. Mit solchen Geschichten im Gepäck ließe es sich auch heute noch vortrefflich mit Gott feilschen.