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Carl-Orff-Museum im oberbayerischen Dießen am Ammersee eröffnet

Der Komponist Carl Orff (1895-1982) hat Bühnenwerke ebenso erschaffen wie ein neues Modell der Musik- und Bewegungserziehung für Kinder. In seinem früheren Wohnhaus in Dießen gibt es nun ihm zu Ehren ein eigenes Museum.

Wer das Leben und Schaffen von Carl Orff (1895-1982) ergründen will, muss ab sofort ins oberbayerische Dießen am Ammersee fahren. Dort hat seit Sonntag im Ortsteil Sankt Georgen das weltweit einzige Museum über den Komponisten, der als einer der bedeutendsten seiner Zunft im 20. Jahrhundert gilt, eröffnet: Das COMU. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist dieses nicht wirklich gut zu erreichen, es sei denn man läuft vom Bahnhof Dießen zu Fuß eine gute halbe Stunde bergauf. Die Mühe lohnt sich aber, und das nicht nur wegen der traumhaften Landschaft.

Diese Lage, mitten in der Natur in einem parkähnlichen, vier Hektar großen Garten mit weitem Blick über den Ammersee und die bayerischen Alpen, war vorgegeben. Denn im Ziegelstadel 1 war Orffs letztes Domizil. Fast Dreijahrzehnte, bis zu seinem Tod 1982 lebte er dort. 1954 hatten er und seine damalige Frau, die Schriftstellerin Luise Rinser, das Anwesen erworben und die Gebäude aus dem 19. Jahrhundert im Stil der 1950er-Jahre komplett umbauen lassen. Hier fand das Paar einen Rückzugsort, nachdem München in Schutt und Asche lag.

Dieses Orffsche Wohn- und Arbeitshaus ist bis heute im Originalzustand erhalten und steht mitsamt dem Garten seit 2018 unter Denkmalschutz. Nun wurden die historischen Gebäude behutsam saniert. Zugleich entstand auf Idee der 1984 gegründeten Carl-Orff-Stiftung ein Museum als Erweiterungsbau, der sich respektvoll in die historische Anlage einfügt. Als zentraler Verteilerraum dient das Foyer zwischen den Trakten. Durch verschiedene Sicht- und Raumachsen verbindet es das Wohnhaus und die neuen Ausstellungsbereiche völlig natürlich miteinander.

In den Rundgang der Dauerausstellung ist auch das Arbeitshaus einbezogen. In dessen original eingerichtetem Arbeitszimmer mag mancher den Eindruck verspüren, Orffs schöpferischer Geist sei noch präsent. Die neue Museumsarchitektur hätte ihm jedenfalls sicher gefallen: roh, einfach, schön und zeitlos gültig – seinem Werk nicht unähnlich.

Außen auf das Wesentliche reduziert und geprägt von Tonnendächern, besteht der Neubau aus wärmegedämmten Infraleichtbeton mit einer klaren Ordnung. Proportionen, Licht und Materialien bilden mit dem rohen Beton, den Einbauten aus Eiche und dem Boden aus geschliffenem Gussasphalt eine überzeugende Einheit. Die Betonrippen zitieren die Holzbalkendecken des alten Hauses und spannen weite, stützfreie Räume auf, die flexibel bespielt werden können. Nur der hohe Saal ist durch seine weiße Fassung innerhalb der Raumfolge hervorgehoben.

Der Entwurf für den Erweiterungsbau stammt vom Münchner Architekturbüro Meck, das auch die preisgekrönte Kirche Seliger Pater Rupert Mayer in Poing – die Gemeinde liegt 20 Kilometer nordöstlich von München – realisiert hat. Investiert wurden ins neue Museum 11 Millionen Euro, zu denen der Freistaat Bayern 1,2 Millionen beisteuerte.

Die Dauerausstellung ermöglicht auf rund 400 Quadratmetern einen spielerischen Zugang zu Orff: “Wir haben einen Ort geschaffen, an dem nicht einfach nur Exponate gezeigt werden, sondern an dem Menschen jeden Alters Musik erleben, hören, spüren und begreifen können”, betont Judith Janowski, geschäftsführende Vorständin der Carl-Orff-Stiftung.

Orff sei ein Mann mit enormer Bandbreite gewesen. “Er schätzte das Einfachste – wie die Triangel – und zugleich die große Instrumentierung, wie Stücke mit sechs Flügeln und unglaublich vielen Schlagwerken. Er konnte sich für das Derbe bayerischer Gassenhauer ebenso begeistern wie für die Tiefgründigkeit griechischer Dramen. Dieses Spektrum wollen wir hier im Haus erlebbar machen”, so Janowski.

Neben den berühmten “Carmina Burana” umfasst sein musikalisches Schaffen viele Lieder, kleinere Orchesterwerke sowie 14 Bühnenwerke wie “Der Mond” oder “Die Bernauerin”. Orff komponierte und dichtete in erster Linie für die Bühne, für die große Oper wie für das Schauspiel. Weltweit bedeutend ist vor allem das Orff-Schulwerk, dessen Grundidee auf der Einheit von Musik, Sprache und Bewegung beruht. Mit ihrer Methode haben Orff und die Komponistin Gunild Keetmann die Musikpädagogik weltweit maßgeblich beeinflusst.

Mitmachstationen lassen die Besucherinnen und Besucher die Melodien und Rhythmik der “Carmina Burana” erleben. In einem Raum voller Musikinstrumente können diese auch selbst ausprobiert werden. Damit solle die Freude am Musizieren gestärkt und die eigene Kreativität gefördert werden. Orffs Leben wird mit Bezügen zur Zeitgeschichte und zu anderen Komponisten erzählt. Sowohl analog als auch digital können sich die Besucher mit seinem Werk auseinandersetzen, ergänzt durch Hörstationen. Und im früheren Wohnzimmer der Orffs können sich Paare sogar künftig das Ja-Wort geben.