Der Armutsforscher Christoph Butterwegge ruft die Bundesregierung im Kampf gegen Armut zum Umdenken auf. Die Kürzungen im Sozialbereich, die im „Herbst der Reformen“ getroffen werden sollen, dürften die Armut weiter verschärfen, sagte er der Mediengruppe Bayern (Freitag). „Dabei geht es um Leistungskürzungen für alle von Sozialtransfers abhängigen Menschen, die mit dem Missbrauch durch eine kleine Minderheit gerechtfertigt werden.“ Die Diskussion über angeblich nicht mehr tragbare Kosten des Sozialstaates durch die CDU/CSU/SPD-Koalition nannte Butterwegge „wenig seriös“.
Er schlägt hingegen vor, den Mindestlohn stärker anzuheben, die Tarifbindung zu stärken und die Leiharbeit zu verbieten. Außerdem dürfte der Sozialstaat nicht abgebaut, sondern müsste zu einer solidarischen Bürgerversicherung ausgebaut werden, „in die alle einzahlen, auch Selbstständige, Freiberufler, Beamte, Abgeordnete und Minister“. Zugleich warnte er vor den Folgen zunehmender Armut und sozialer Ungleichheit, die Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die Demokratie seien. „Daraus erwachsen ökonomische Krisen, ökologische Katastrophen und soziale Konflikte, im globalen Maßstab sogar Kriege und Bürgerkriege.“
Laut dem Statistischen Bundesamt sind 15,5 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet – das seien knapp 13 Millionen Menschen, sagte der Armutsforscher weiter. Armut sei hierzulande ein strukturelles und weniger ein individuelles Problem – und müsse daher auch vom Parlament und der Regierung gelöst werden. „Armut und die wachsende soziale Ungleichheit sind für mich das Kardinalproblem unserer Gesellschaft, wenn nicht der gesamten Menschheit.“ Als Gründe für die Entwicklung nannte er die steigenden Preise und wachsenden Mietkosten infolge von Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Inflation. (3227/17.10.2025)