Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat die Drohungen gegen Berliner Richterinnen und Richter nach den Urteilen zu den Zurückweisungen an den deutschen Grenzen kritisiert. „Das ist absolut inakzeptabel. Wir stellen uns vor die unabhängige Justiz“, sagte sie den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstag). „Wir dulden keine Einschüchterungsversuche.“
Das Berliner Verwaltungsgericht hatte Anfang Juni in den Fällen von drei Menschen aus Somalia entschieden, dass die von der Bundesregierung forcierte Praxis des Zurückweisens an den Grenzen rechtswidrig ist. Es stützt damit die Argumentation zahlreicher Juristen und Kritiker, dass Deutschland bei Asylgesuchen auch bei Einreisen aus einem sicheren Drittstaat aufgrund des europäischen Dublin-Abkommens zumindest verpflichtet ist, zu prüfen, welcher Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist und nicht einfach zurückweisen darf.
Die zwei Richterinnen und ein Richter wurden nach den Entscheidungen nach Angaben von Berufsverbänden der Berliner Justiz persönlich diffamiert und bedroht. Kritik an gerichtlichen Entscheidungen seien durch das Recht zur freien Meinungsäußerung geschützt, persönliche und diffamierende Angriffe auf Richterinnen und Richter seien jedoch ein „Angriff auf den Rechtsstaat und damit auf uns alle“, hatten der Berliner Landesverband des Deutschen Richterbunds sowie der Verein der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter in Berlin Anfang Juni erklärt. Richterinnen und Richter müssten vor Bedrohungen und Einschüchterungen geschützt werden.
Mit Blick auf die Entscheidungen in den Eilverfahren sagte Hubig den Funke-Zeitungen, dass die Bundesregierung diese „selbstverständlich“ befolge. „Die drei Antragsteller aus Somalia, um die es hier geht, erhalten nun Zugang zum Dublinverfahren, wie es das europäische Recht vorsieht“, betonte sie. Zudem äußerte Hubig Zweifel an der Absicht von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), die Zurückweisung von Asylbewerbern an der deutschen Grenze bis zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs fortzusetzen. „Wir werden sehen, ob es weitere Gerichtsentscheidungen gibt, wie diese ausfallen und welche Konsequenzen daraus möglicherweise zu ziehen sind“, sagte sie.