Wenn nicht alle Landtage zustimmen, kann die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den letzten Metern scheitern. Die Landesregierung in Brandenburg ist sich noch uneinig. Eine Mehrheit dürfte es trotzdem geben.
Die brandenburgische Landtagsfraktion des Bündnis’ Sahra Wagenknecht (BSW) wird “mehrheitlich” gegen die Medienänderungsstaatsverträge stimmen, die im November auf der Tagesordnung des Landtags stehen. Das kündigte der Fraktionsvorsitzende des BSW, Niels-Olaf Lüders, am Dienstag auf der wöchentlichen Pressekonferenz seiner Fraktion im Potsdamer Landtag an. Damit geht das BSW auf deutliche Distanz zum Koalitionspartner SPD sowie der oppositionellen CDU, die den Staatsverträgen im Landtag geschlossen zustimmen wollen.
“Meinungseinfalt und Haltungsjournalismus bedrohen den Journalismus”, sagte Lüders. Man erlebe, wie unliebsame Meinungen delegitimiert würden. Viele Bürgern empfänden den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als ein Sprachrohr der Institutionen, so Lüders. “Die BSW-Fraktion will einen starken, staatsfernen und glaubwürdigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk”, sagte der Fraktionsvorsitzende. “Tiefgreifende Reformen sehen wir in den vorliegenden Medienänderungsstaatsverträgen nicht gegeben.”
Der Bundesvorstand des BSW habe deswegen einen Beschluss gefasst, wonach die Partei die Medienstaatsverträge ablehne. “Wir sind nach ausgewogener Debatte zu dem Beschluss gelangt, dass unsere Fraktion mehrheitlich dagegen stimmen wird”, so Lüders. Nach Informationen des KNA-Mediendienstes stimmten neun Mitglieder der BSW-Fraktion für den Beschlussvorschlag, drei enthielten sich und ein Abgeordneter stimmte dagegen. Finanzminister Robert Crumbach, der im Gespräch mit dem “Nordkurier” eine Zustimmung zum Medienstaatsvertrag angekündigt hatte, nahm an der Sitzung nicht teil.
Der BSW-Fraktionschef betonte, dass das aus seiner Sicht keine Belastung für die Koalition darstelle. “Mit Herrn Woidke haben wir ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis, das wir schätzen” sagte Lüders. SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann erklärte ebenfalls, dass das Abstimmungsverhalten des BSW den Bestand der Koalition nicht gefährden werde. Die Staatsverträge seien noch von der alten Koalition ausgehandelt worden, das BSW habe sich noch nicht daran beteiligen können. “Ich habe mit Freude wahrgenommen, dass die CDU dazu steht”, sagte Lüttmann.
Der SPD-Fraktionschef bemühte sich am Dienstag sichtlich, den Streit mit dem BSW nicht zu vertiefen – zumal nach Crumbachs Ankündigung eine Mehrheit im Landtag wahrscheinlich ist. Allerdings betonte er auch: “Ich wünsche mir, dass die BSW-Fraktion ihren Beschluss noch einmal überdenkt.” Wer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbessern wolle, sollte diese beiden Staatsverträge nicht blockieren – sie seien Schritte in die richtige Richtung. “Ein Nein jetzt zu den Staatsverträgen wäre ein Rückschritt – nicht für eine Partei oder eine Fraktion, sondern für die Sache”, so Lüttmann. “Unser Ziel ist ein besser aufgestellter, unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk.”
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte am Rande der gemeinsamen Kabinettssitzung mit dem Berliner Senat, dass man sich noch in Gesprächen befinde. “Am Ende werden wir alles dafür tun, dass wir nach den Gesprächen mit einem vernünftigen Ergebnis durch den Brandenburger Landtag gehen.” Für die oppositionelle CDU betonte deren Parlamentarischer Geschäftsführer Steeven Bretz, dass das Abstimmungsverhalten seiner Partei klar sei. “Der Staatsvertrag geht in die richtige Richtung”, sagte Bretz. “Wir haben aber die klare Erwartungshaltung, dass die Koalition zu einer eigenen Mehrheit kommt.”