UK 50/2018, Nachhaltigkeit (Seite 1: „Teufelskreis Konsum“, Seite 12: „Wer zahlt den Preis?“; „Gegen den Konsumschluckauf“)
Momentaufnahme: Ich habe gerade die Sportschau angesehen (samt zweier Flaschen Bier) und mich beim Abendessen ordentlich vollgefuttert. Nun sitze ich in einem bequemen, 30 Jahre alten Trainingsanzug am Schreibtisch und lese über die Ausbeutung seitens der Kleidungsindustrie in unterentwickelten Ländern.
Ich erwähne den Trainingsanzug, weil mir von einer an sich sehr sympathischen Person nahegelegt wurde, diesen „asozialen Fummel endlich in die Tonne zu kloppen“.
Nun war dieses Kleidungsstück mal hochmodern, wahrscheinlich hat ein Kind in Bangladesch daran tagelang seine Finger wundgenäht. Vermutlich lebt es nicht mehr, wahrscheinlich ist diese Person dem immer schneller und brutaler werdenden Kreislauf von menschenverachtender Ausbeutung und Gewinnmaximierung zum Opfer gefallen.
So lange wir oberflächlich Trends hinterherlaufen und die Erstproduzenten am ausgestreckten Arm verhungern lassen, identifizieren wir uns gnadenlos und blind lediglich mit unseren frisch gewaschenen Händen, ohne zu realisieren, dass aus unserer Kleidung Blut trieft.
Es gibt die Bibelworte, dass man haben solle, als hätte man nicht, und dass einer des anderen Last trage. In den Sprüchen Salomos steht: „Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand das vermag“.
Gianna Nannini singt in einem ihrer Lieder: …mi sento un piccolo frammento die umanità“ – „Ich fühle mich wie ein kleines Fragment der Menschlichkeit“. Davon sind wir im Land der immer noch Satten meilenweit entfernt. Ich auch.
Ich habe vor Kurzem im Discounter Hemd und Hose zum Schnäppchenpreis ergattert.
Problembewusstsein sollte sich anders äußern.
Michael Hof, Bad Berleburg