Ein Spaziergang ist mehr als nur Gehen: Er dient der Erholung, Entspannung und kann sogar die Perspektive auf die Welt verändern. Für den Theologen und Therapeuten Martin Schulte hat der Spaziergang eine heilsame Wirkung. „Langsames Gehen setzt nicht nur den Körper in Bewegung – auch unser Empfinden und Fühlen kommt in Bewegung“, sagte der Regensburger Ruhestandspfarrer im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er ist auch Tiroler Bergwanderführer und Übungsleiter beim Deutschen Alpenverein.
Mit seinen Klienten geht er einmal die Woche eineinhalb Stunden „langsam und gemütlich“ durch die Natur und konzentriert sich auf das, was im Augenblick des Gehens wahrgenommen werden kann. „Wir sehen und riechen bewusst unsere Umgebung. Dabei wird wenig getan, weil wir die Dinge auf uns wirken lassen“, sagte Schulte. Studien belegten, „dass Sauerstoff und frische Luft Körper und Geist guttun und dass schon leichte Bewegung zur Stressreduktion führt“.
Die Reaktionen auf seine Spaziergänge seien sehr unterschiedlich. „Die einen erzählen mir, dass dabei in ihrer Psyche und in ihren Gedanken völlig Neues aufgetaucht ist. Andere sagen mir, sie hätten die Vögel noch nie so intensiv gehört wie heute“, berichtet Schulte. Hilfreich sei es, sich beim Gehen mit seinen Emotionen zu beschäftigen – ob es Angst, Freude, Begeisterung oder Niedergeschlagenheit sei.
„Wenn wir uns mit diesen Gefühlen auseinandersetzen, erkennen wir manchmal, dass sie nicht nur aus der Gegenwart gespeist sind, sondern alte Erinnerungen und Erfahrungen mitschwingen.“ Das sei wie beim Sport, weil die entscheidenden Wachstumsprozesse in den Ruhepausen geschehen, erläutert er. Durch das Gehen könnten Gedanken und Gefühle in Bewegung kommen und Blockaden sich lösen.
Entscheidend sei das Tempo: Die meisten Menschen gingen viel zu schnell, sagte der evangelische Theologe. „Der Puls sollte leicht erhöht sein, aber man sollte gut miteinander reden können.“ Beim Spaziergang in einer Gruppe sollte man sich nach dem Langsamsten richten. Schulte empfiehlt einmal pro Woche einen Spaziergang von einer halben Stunde „ohne Plan und festes Ziel – und völlig unabhängig vom Wetter“. (1131/03.04.2025)