Die Kirche müsse sich mutig Rechtsextremisten entgegenstellen, fordert Klaus Krämer. Zur Zeit des Nationalsozialismus habe der Rottenburger Bischof Sproll “früh den antichristlichen Charakter der NS-Ideologie erkannt”.
Die katholische Kirche muss nach Ansicht des Rottenburger Bischofs Klaus Krämer vehement Flagge gegenüber rechtsextremistischen Haltungen zeigen. Die Kirche dürfe sich nicht aus politischen Fragen heraushalten, sondern “muss ihre Stimme erheben und sich einmischen, wo immer uns menschenfeindliches Denken gegenüber bestimmten Gruppen begegnet”, erklärte Krämer am Donnerstag in Rottenburg.
Anlass war, dass der als NS-Gegner bekannte und aus seiner Diözese vertriebene frühere Rottenburger Bischof Joannes Baptista Sproll (1870-1949) vor 80 Jahren – im Juni 1945 – aus dem Exil zurückkehrte. Sproll habe “früh den antichristlichen Charakter der NS-Ideologie erkannt und sich nicht gescheut, sich ihr offen entgegenzustellen”, betonte Krämer.
Sprolls Handeln sei “für uns heute Mahnung und Ermutigung zugleich”, unterstrich der seit Dezember 2024 amtierende Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart. “Wir stehen gegen Abgrenzung und Spaltung”, sagte Krämer und betonte: “Vor Gott sind alle Menschen gleich.” Die katholische Kirche in Württemberg stehe “fest an der Seite derer, die sich in unserer Gesellschaft für Freiheit, Gerechtigkeit und für die Würde aller Menschen einsetzen”.
Krämer verwies auf die im Februar 2024 veröffentlichte Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Titel “Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar”. Darin hatten die katholischen Bischöfe ausdrücklich die AfD genannt und damit erstmals eine im Bundestag vertretene Partei als nicht wählbar für Christen charakterisiert. In der Partei dominiere nach mehreren Radikalisierungsschüben inzwischen eine völkisch-nationalistische Gesinnung.
Sproll hatte früh die Ideologie der Nazis kritisiert. 1938 boykottierte er die Volksabstimmung, in der über den “Anschluss” Österreichs an das Deutsche Reich abgestimmt wurde. Diese Volksabstimmung war mit einer vorgezogenen Neuwahl des Reichstages verbunden. “Jeder, der in der Volksabstimmung dem Anschluss Österreichs zustimmte, wählte automatisch die NSDAP”, erläuterte das Bistum. Die Nazis starteten daraufhin Hetzkampagnen gegen Sproll. Sein Amtssitz wurde mehrfach verwüstet, er wurde aus der Diözese verbannt.
Nach einer Odyssee durch mehrere Städte fand Sproll zunächst Zuflucht im Benediktinerkloster Sankt Ottilien, ab Januar 1941 lebte er im Exil im Heilbad Krumbad in der Diözese Augsburg. Nach siebenjähriger Verbannung kehrte der “Bekennerbischof” nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Juni 1945 schwer krank nach Rottenburg zurück, wo er 1949 starb.